Freitag, 26. Oktober 2012

Pervers!

Als ich mit vor einigen Jahren damit anfing in Chatrooms aktiv zu sein und später dann in SecondLife, da tauchte nicht selten in meinem Kopf die Frage auf ob dass denn nicht irgendwie pervers sei. Ich gebe offen zu dass ich das Internet auch genutzt habe um vielleicht einen Partner zu finden. „Ist das nicht unnormal?“ fragte ich mich damals oft.


Daran musste ich kürzlich denken und habe versucht die Frage: „Was ist pervers?“ mal aus medizinischer sicht zu beantworten.

Wie immer beginnt meine Recherche zu solchen Themen bei Tante Wikipedia. Die Onlineenzyklopädie spuckt zum Begriff folgendes aus:
Perversion, (lat. perversio „Verdrehung, Umkehrung“) bezeichnet eine, häufig im Bereich des Trieb- und Sexualverhaltens, den vorherrschenden Moralvorstellungen widersprechende stehende Eigenschaft oder Handlung. Heute wird es auch als Schimpfwort für befremdendes Verhalten benutzt.
Im Sinne von „sexueller Perversion“ wird heute der wertneutralere Begriff Paraphilie, also einer Störung der Sexualpräferenz verwendet. „Perversion“ wird sexualwissenschaftlich nur noch in der Psychoanalyse verwendet.
Ehrlich gesagt gefällt mir der Begriff sexuelle Präferenzstörung deutlich besser. Ganz charakteristisch für eine solche Störung ist ihre zeitliche Stabilität. Nur weil man einmal ein besonders schönes Erlebnis hatte weil man zum Beispiel von seinem Partner die Augen verbunden bekommen hat dabei, ist das noch keine Präferenzstörung. Erst wenn man merkt dass man seit mehr als sechs Monaten von bestimmten Praktiken angezogen wird kann es einen sexuelle Präferenzstörung sein. Aber das ist es nicht alleine.

Eine zweite Komponente ist wichtig. Man kann erst dann von einer Störung sprechen wenn entweder der Betroffene oder sein Umfeld von diesem Verhalten in beruflicher oder sozialer Hinsicht beeinträchtigt wird.

Ich sage hier bewusst „sein“ und nicht „ihr“ da Männer wesentich häufiger betroffen sind als Frauen. Jeder kann sich selbst vorstellen dass die Liste der Verhaltensweisen und Objekte, „Fetische“, auf die sich so eine Störung beziehen kann unzählige Varianten hat.

Wenn also jemand Spaß daran das einer von beidem beim Sex Gummihandschuhe und eine Gasmaske trägt, dann ist das Ansich nur eine normal Vorliebe. Wenn es dem Betreffenden aber enorm peinlich ist diese Phantasien auszuleben, oder er seine Partnerin mehr oder minder nötigen muss dabei mit zu machen und sich für all das enorm schämt und darüber vielleicht die Beziehung zerstört wird, dann ist ein Leidensdruck da und dann ist es eine Störung aner eben nur wenn sie seit mehr als sechs Monaten besteht.

Die Wissenschaft hat erst sehr spät angefangen sich mit der Sexualität zu befassen. Vorwiegend war es Richard von Krafft-Eibing der vor mehr als hundert Jahren eine Arbeit unter dem Titel „Psychopathia sexualis“ also „Die sexuelle psychiatrische Krankheit“ veröffentlichte. In dieser Arbeit wertete er viele internationale Fallberichte aus und konnte anhand dieser Beschreibungen viele Störungsbilder beschreiben.

So stammt von ihm der Begriff „Sadismus“, der auf den französischen Schriftsteller Marquis de Sade zurück geht. Dieser beschrieb in seinen Büchern Justine und Juliette das Prinzip des Lustgewinns durch Leid, Schmerzen, Erniedrigung oder aktiver Qual von anderen.

Übrigens auch der Gegenbegriff, das Masochismus geht auf einen Schriftsller zurück und zwar den Österreicher Leopold Ritter von Sacher-Masoch der sich aber zeit seines Lebens gegen die Verwendung seines Namens für diese Bezeichnung wehrte.

Die wichtigsten Formen der sexuellen Präferenzstörungen sind die folgenden:

Der Exibitionismus bei dem der Betroffene einen Lustgewinn erfährt wenn er sich nackt oder sein Genital in der Öffentlichkeit zu Schau stellt oder sexuelle Handlungen an sich vollzieht. Das klassische Beispiel ist der „Blitzer“ der auf dem Gehweg plötzlich den Mantel aufreißt und darunter nackt ist. Im Regelfall sind solche Leute völlig harmlos.

Dann gibt es den sexuellen Fetischismus in seinen tausend Varianten. Da kann es um Gegenstände (z.B. Schuhe, Strapse, Handschuhe) gehen, um Handlungen (sich windeln lassen, Einölungen), bestimmte Materialien (z.B. Seide, Latex, Leder) oder um bestimmte Körperteile wie Füße oder Hände.

Eine ebenfalls häufige Form ist der sexuelle Transvestitismus der sich allein auf das Anlegen der Kleidung und Aufmachung des anderen Geschlechtes bezieht. Eigentlich eine Variante des sexuellen Fetischismus.

Die Vertreter des Masochismus lieben die Unterwerfung, das Erdulden von Züchtigungen, Demütigungen, Schmerzen, zumeist in stark ritualisierten Abläufen.

Das Gegenstück dazu ist der sexuelle Sadismus, der in der Zufügung von Schmerze, Demütigungen, Erniedrigungen und dem ausleben von Dominanz besteht.

Harmlos wirkt dagegen der Voyeurismus bei dem der Betreffende Erregung darin findet andere Menschen zu beobachten, meist sollten die beobachteten nackt sein oder selbst gerade beim Sex, aber vielen Voyeuren reicht es auch schon Leute bei privaten Alltagshandlungen zu beobachten.

Die vielleicht gefährlichste Form der sexuellen Präferenzstörung ist die Pädophilie, bei der sexuelle Handlungen an Kindern, also Menschen die die Pubertät noch nicht erlebt haben, vorgenommen werden.

Insgesamt sind solche Störungen nicht so selten wie man denkt. Allerdings gibt es kaum wirklich sicher verwertbare Daten, da man bei den Studien oft von Selbstangaben der Studienteilnehmer ausgehen muss und häufig Fragebögen verwendet werden in deren Natur es liegt, dass sie nur ungenau Daten erheben können. „Waren sie jemals erregt wenn…“ ist eine Frage die fast jeder im Geiste mit „keine Ahnung…hm kann schon sein.“ Beantwortet.

Andererseits die Frage „Haben sie sich jemals sexuelle von einer bestimmten Praktik angezogen gefühlt und nur durch diese in der Lage sexuelle Erregung zu erfahren und dauerte dieser Zustand mehr als sechs Monate an“. Da sagt fast jeder im Geiste „Äh ja ich find die Missionarsstellung gut, aber ich kann auch in anderen Stellungen, und wir machen zwar oft die Missionarstellung aber nie sechs Monate hintereinander“ also antwortet er mit Nein.

Eine vor kurzem erhobene Studie aus Deutschland von einem Herrn Ahlers an 363 Studienteilnehmern sagt dass bei Männern, mit 18% der Voyeurismus die häufigste Form der sexuellen Präferenzstörung ist, gefolgt vom Sadismus (15,5%), der Frotteurismus (sich an anderen Menschen reiben, eine Form des Fetischismus mit 6,5%). Ganz am Ende landet der Exhibitionismus (2,2%) und der Masochismus mit (2,3%). Schade an der Studie ist, dass sie nur an Männern durchgeführt wurde.

Es gibt auch einige Studien die auch Frauen mit einbezogen hat, hier kam immer zur Darstellung dass Männer bei allen erfassten Präferenzstörungen häufiger betroffen waren als Frauen.

Eine weitere Schwierigkeit bei der wissenschaftlichen Betrachtung des Themas ist der gesellschaftliche Kontext und der Zeitgeist in dem diese Störungen auftreten. Ein gutes Beispiel ist die „Knabenliebe“ im antiken Griechenland. Würde das heutzutage jemand machen würde man ihn einen Pädophilen oder Homosexuellen nennen. Damals war das völlig normal. Auch bei vielen Naturvölkern hat Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern einen festen Platz.

Die Homosexualität, ist übrigens keine Paraphilie oder sexuelle Präferenzstörung. Zwar wurde sie bis in die siebziger Jahre hinein als Krankheit bezeichnet und hatte einen eigene Stelle in den verschiedenen Krankheitsklassifikationen.

Es wurde einige Zeit versucht mit der sogenannten „reparativen Therapie“ dieser „Krankheit“ zu begegnen. Forschungsergebnisse der amerikanischen Psychologin von Evelyn Hooker führten aber dazu dass diese reparative Therapie von immer mehr Therapeuten abgelehnt wurde und durch die Gay Affirmative Psychotherapie abgelöst wurde.

Diese hat nicht zum Ziel die sexuelle Ausrichtung der Betroffenen auf das jeweils andere Geschlecht zu ändern, sondern ermutigt die Betroffenen dazu ihre Sexualität so wie sie ist anzunehmen, zu bejahen und in ihr Alltagsleben zu integrieren. Homosexualität wird demnach nicht mehr als Krankheit sondern als Normvariante der Sexualität gesehen die letztlich nicht behandlungsbedürftig ist, da die betroffenen nicht an ihrer Sexualität leiden sondern eher an den gesellschaftlichen Sanktionen gegenüber ihrer sexuellen Ausrichtung.

Trotzdem darf nicht vergessen werden, dass rund ein Drittel aller Staaten auf der Erde Homosexualität strafrechtlich verfolgt und in 5 Ländern der Analverkehr zwischen Männern mit dem Tode bestraft wird. Weibliche Homosexualität ist gesellschaftlich längst nicht so umstritten.

Auf meine eingangs geäußerte Frage, ob es nun pervers ist im Internet auf Partnersuche zu gehen, sexuelle Phantasien auszutauschen oder sexuelle Rollenspiele zu spielen lautet die Antwort:

Nein ist es nicht, solange man nicht auf dieses eine Mittel der Sexualität begrenzt ist es weniger als sechs Monate ist und man vor allem keine beruflichen oder sozialen Nachteile dadurch erfährt.

In diesem Sinne, frohes Chatten und Spielen.

Eure
Cori

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

es ist unnötig Regeln aufzustellen, Cori, das wirst du nicht in Griff bekommen

Cori Panthar hat gesagt…

Ich freue mich über den Kommentar, aber ich kann deinem leider gerade nicht ganz folgen. Was für Regeln?