Seit Monaten bricht eine Welle von Flüchtlingen über Europa
herein die es in dieser Masse noch nicht gegeben hat. Vor allem Syrien, dem
Kosovo, Albanien, Serbien, Mazedonien, Pakistan, Afgahnistan, Eritrea, Nigeria
und Lybien…und das reiche, humane und zivilisierte Europa zeigt ihnen seine
hässlichste Fratze.
Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, dass er sein letztes
Geld einem Schleuser gibt um von ihm auf ein Himmelfahrtskommando über das Meer
geschickt zu werden? Wie groß muss die Angst einer Mutter sein, wenn sie sich
mit ihren Kindern in einem Lastwagen einschweißen lässt?
Wenn ich mir überlege wie ängstlich ich im Umgang mit
unserem Sohn bin, so kann ich nicht ermessen welche Gedanken und Gefühle die
Eltern des kleinen Jungen gehabt haben müssen, dessen Leiche heute in der
Türkei an Land gespült wurde. In den Medien schreiben sie dass er
wahrscheinlich gerade mal drei Jahre alt war.
Jetzt sind alle aufgerüttelt und schockiert. Aber schockiert
zu sein braucht keiner. Muammar Al-Gadhafi sagte bereits 2011 vor seiner Ermordung,
frei übersetzt: „Wenn ihr uns weiter destabilisiert, spielt Ihr bewaffneten
Banden und religiösen Fanatikern in die Hände. Ihr werdet Flüchtlingsströme
ernten, denen Ihr nicht Herr werdet.“
Und da sind wir schockiert? Ja, also ich bin wirklich
schockiert. Aber nicht weil es so viele Flüchtlinge sind, sondern weil keiner
sie aufnehmen will! Meine Güte, es geht nicht darum dass ich mit einer Familie
aus Usbekistan und ihren 20 Hühnern und drei Gänsen meine Wohnung teilen soll.
Es geht darum Menschenleben zu retten.
Menschen die entweder vom IS zu Tode gefoltert werden oder
in einem Frachtcontainer ersticken oder einfach im Mittelmeer ertrinken. Das
kingt so lapidar: „Heute ist wieder ein Boot mit Flüchtlingen vor Lampedusa
gesunken, an Bord waren wahrscheinlich rund hundert Menschen.“
Das war’s, sind sie eben tot. Weiter mit dem Wetter?! Man
muss sich das mal vorstellen, die Angehörigen dieser Verunglückten werden
vielleicht nie erfahren was mit ihrem Vater, ihrem Bruder, ihrer Tochter oder
ihrem Sohn passiert ist. Wenn bei uns in der Klinik jemand stirbt sind wir
verpflichtet möglichst genau zu klären wann, welches Organ warum den Dienst
versagt hat, wann der Tod eingetreten ist und aus welcher Ursache. Es genau
geregelt wann eine Obduktion durchgeführt werden muss, wer den Bestatter
anruft, welche Versicherung die Begräbniskosten tragen muss, es werden Anzeigen
in Tageszeitungen geschaltet und Traueranzeigen alle Freunde verschickt. Und
was bekommen die Angehörigen der verunglückten Flüchtlinge? Nichts. Oft noch
nicht einmal eine Nachricht über den Tod ihres Angehörigen, woher auch, wenn
die Leiche vom Meer nicht mehr hergegeben wurde, und diese Schiffe führen
sicher keine Passagierlisten.
Nun kann man als europäischer Wohlstandsmichel verschiedene
Argumente vorbringen um sich von einer moralischen Schuld frei zu sprechen: Ein
Argument, was ich gerade an meiner Arbeitsstelle oft von Patienten höre ist: „Ich
lebe doch selber von Harz IV, wie sollen wir denn diesen Brüdern noch was
abgeben?“
Mein Argument ist dann immer: „Ihr lebt und kriegt Harz IV.
Die Flüchtlinge wollen eigentlich nur leben.“ Klar, wenn zwei Kilometer vor
meiner Wohnungstür der IS aufmarschiert dann würde ich auch meine Sachen packen
und die Biege machen.
Denn bei dem IS kann man sich auf gar nichts berufen. Da
kann man dankbar sein wenn man einfach erschossen wird und nicht noch vorher
vor laufender Kamera gefoltert oder gedemütigt wird. Doch wer trägt Schuld an
dieser gewaltigen Tragödie? Sind das wirklich nur die Fanatiker des IS, die
sich unter falschen Zerrbildern einer Religion an der ganzen Welt zu rächen
versuchen, weil in ihrem eigenen Leben nie etwas richtig gelaufen ist?
Sicher nicht. Eine Handvoll Idioten mit Skimasken und Kalaschnikovs
kommen nicht weit. Denn auch im Orient gilt: Mit einem Sack Geld kommt man
weiter als mit einer Panzerarmee und Geld hat der IS. Geld bekommt der IS auch
weiter aus den reichen Golfstaaten. Der Westen kennt die Wege des Geldes doch
an die größten Öllieferanten der Welt traut sich niemand heran. Im Gegenteil,
wir erlauben diesen Ehrenmännern auch noch sich mit Prestigeprojekten wie zum
Beispiel großen Sportveranstaltungen zu schmücken. Wir tolerieren es auch das
Saudiarabien oder Kuwait es ablehnen auch nur einen einzigen Flüchtling aus
Syrien aufzunehmen mit dem Verweis auf die zugroßen kulturellen Unterschiede
und Europa nimmt solche Haltungen widerspruchslos hin!
Ja, das Foto dieses armen Jungen am Strand von Bodrum schockiert
auch mich. Als ich es heute gesehen habe sind mir die Tränen gekommen und mir
wurde klar dass es nur ein glücklicher Zufall verhindert hat dass es nicht mein
Sohn ist, der dort liegt.
Man kann über dieses Bild streiten, ob es richtig ist, es in
den Medien zu zeigen. Denn das was darauf zu sehen ist, ist in meinen Augen
schier unerträglich und lähmend. Ich hätte mir gewünscht ich hätte es nicht
gesehen, aber das habe ich nun einmal. Und auch ich hatte mich an die täglichen
wechselnden Zahlen von ertrunkenen gewöhnt.
Es fällt manchmal schwer sich zwischen den vielen
Sonderangeboten, Game-Shows und Albi-Skandalen auf die Nachrichten zu
konzentrieren die wirklich wichtig sind. Ich für meinen Teil kann den Krieg in
Syrien nicht beenden. Aber ich kann mir ein Bein ausreißen um den Menschen die
hier her kommen um hier Schutz zu suchen nach besten Kräften zu helfen.
Wie soll das aussehen? Ich helfe, zum Beispiel indem ich
Brot von Bäckerein abhole und es in die Flüchtlingsunterkünfte bringe. Ich habe
auch schon Babykleider gespendet oder Geschirr das wir nicht mehr brauchten.
Diese Menschen haben kaum etwas das sie mitnehmen können. Egal was man ihnen
spendet, sie können es gebrauchen.
Mich überkommt die Wut, wenn ich diese vier Patentdemokraten
von der NPD Tier sehe in ihrem Internet Trailer zu ihrem Fackelzug und daneben
diesen kleinen Jungen am Strand von Bodrum. Natürlich gibt es auch einen Anteil
an Asylsuchenden, die ohne eine echte Bedrohungssituation hier her kommen. Aber
ich würde lieber für drei Wirtschaftsflüchtlinge mitarbeiten, als mir noch
einmal so ein totes Kleinkind in der Brandung ansehen zu müssen.
Darum, an alle Leserinnen und Leser dieses Posts. Helft mit!
Seid wachsam und schaut was Ihr tun könnt um den Flüchtlingen die zu uns kommen
zu helfen. Seht nach was ihr Spenden könnt. Mahlzeug, Schulhefte, Kleidung,
Nahrungsmittel, Möbel alles wird gebraucht. Vielleicht habt ihr ja auch die
Möglichkeit Flüchtlingskindern bei den Hausaufgaben zu helfen, oder ihr könnt
mit den Eltern zu Behörden gehen und ihnen so helfen hier Fuß zu fassen und
wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Wem gar nicht’s einfällt, kann wenigstens mal
zur Ruhe mahnen, wenn die lieben Nachbarn sich mal wieder über „die Ausländer“
aufregen.
Viel Dank!
Eure
Cori