Montag, 28. September 2015

Ich wechsle den Beruf


Tja, liebe Freunde!
Gestern hatte ich eine geniale Idee. Wie bekannt ist, krieselt es seit Jahren auf der Pannenbaustelle BER. Brandschutz unzureichend, Dach zu schwer, Startbahn senkt sich ab, etc.
Es kommen und gehen Vorstandschefs und einer ist so erfolglos wie der andere.
Nun habe ich mir überlegt, dass ich eine Bewerbung schreiben werde. Als Berlinerin kenne ich Land und Leute und vor allem die Gegend wie meine Westentasche ich bin also mit der Materie vertraut. Durch mein Studium bin ich akademisch vorgebildet und damit auf keinen Fall schlechter für diese Aufgabe ausgebildet als zum Beispiel Herr Mehdorn. Außerdem könnte ich als Frau auf dieser Position jeden Vorwurf von Ungleichstellung ausräumen. Das Beste allerdings kommt erst noch:
Ich würde meinem zukünftigen Arbeitgeber garantieren, dass ich den Job auf keinen Fall schlechter mache als meine Vorgänger. Desweiteren würde ich mit den Profiteuren der Verzögerungen am BER eine „Nicht-Fertigstellungs-Klausel“ erarbeiten. Ich wäre bereit den Job bereits nach nur sechs Monaten für einen notleidenden Banker oder einen Flüchtling frei zu machen und bin mit einer bescheidenen Abfindung  von einer halben Million zufrieden.
Einzige Frage wäre wo ich meine Bewerbung genau einwerfen muss? Ich glaube die Briefkästen am BER sind ja noch nicht montiert.
Eure
Cori

Donnerstag, 3. September 2015

Verdammt noch mal, tut endlich etwas!

Seit Monaten bricht eine Welle von Flüchtlingen über Europa herein die es in dieser Masse noch nicht gegeben hat. Vor allem Syrien, dem Kosovo, Albanien, Serbien, Mazedonien, Pakistan, Afgahnistan, Eritrea, Nigeria und Lybien…und das reiche, humane und zivilisierte Europa zeigt ihnen seine hässlichste Fratze.


Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, dass er sein letztes Geld einem Schleuser gibt um von ihm auf ein Himmelfahrtskommando über das Meer geschickt zu werden? Wie groß muss die Angst einer Mutter sein, wenn sie sich mit ihren Kindern in einem Lastwagen einschweißen lässt?

Wenn ich mir überlege wie ängstlich ich im Umgang mit unserem Sohn bin, so kann ich nicht ermessen welche Gedanken und Gefühle die Eltern des kleinen Jungen gehabt haben müssen, dessen Leiche heute in der Türkei an Land gespült wurde. In den Medien schreiben sie dass er wahrscheinlich gerade mal drei Jahre alt war.

Jetzt sind alle aufgerüttelt und schockiert. Aber schockiert zu sein braucht keiner. Muammar Al-Gadhafi sagte bereits 2011 vor seiner Ermordung, frei übersetzt: „Wenn ihr uns weiter destabilisiert, spielt Ihr bewaffneten Banden und religiösen Fanatikern in die Hände. Ihr werdet Flüchtlingsströme ernten, denen Ihr nicht Herr werdet.“

Und da sind wir schockiert? Ja, also ich bin wirklich schockiert. Aber nicht weil es so viele Flüchtlinge sind, sondern weil keiner sie aufnehmen will! Meine Güte, es geht nicht darum dass ich mit einer Familie aus Usbekistan und ihren 20 Hühnern und drei Gänsen meine Wohnung teilen soll. Es geht darum Menschenleben zu retten.

Menschen die entweder vom IS zu Tode gefoltert werden oder in einem Frachtcontainer ersticken oder einfach im Mittelmeer ertrinken. Das kingt so lapidar: „Heute ist wieder ein Boot mit Flüchtlingen vor Lampedusa gesunken, an Bord waren wahrscheinlich rund hundert Menschen.“

Das war’s, sind sie eben tot. Weiter mit dem Wetter?! Man muss sich das mal vorstellen, die Angehörigen dieser Verunglückten werden vielleicht nie erfahren was mit ihrem Vater, ihrem Bruder, ihrer Tochter oder ihrem Sohn passiert ist. Wenn bei uns in der Klinik jemand stirbt sind wir verpflichtet möglichst genau zu klären wann, welches Organ warum den Dienst versagt hat, wann der Tod eingetreten ist und aus welcher Ursache. Es genau geregelt wann eine Obduktion durchgeführt werden muss, wer den Bestatter anruft, welche Versicherung die Begräbniskosten tragen muss, es werden Anzeigen in Tageszeitungen geschaltet und Traueranzeigen alle Freunde verschickt. Und was bekommen die Angehörigen der verunglückten Flüchtlinge? Nichts. Oft noch nicht einmal eine Nachricht über den Tod ihres Angehörigen, woher auch, wenn die Leiche vom Meer nicht mehr hergegeben wurde, und diese Schiffe führen sicher keine Passagierlisten.

Nun kann man als europäischer Wohlstandsmichel verschiedene Argumente vorbringen um sich von einer moralischen Schuld frei zu sprechen: Ein Argument, was ich gerade an meiner Arbeitsstelle oft von Patienten höre ist: „Ich lebe doch selber von Harz IV, wie sollen wir denn diesen Brüdern noch was abgeben?“

Mein Argument ist dann immer: „Ihr lebt und kriegt Harz IV. Die Flüchtlinge wollen eigentlich nur leben.“ Klar, wenn zwei Kilometer vor meiner Wohnungstür der IS aufmarschiert dann würde ich auch meine Sachen packen und die Biege machen.

Denn bei dem IS kann man sich auf gar nichts berufen. Da kann man dankbar sein wenn man einfach erschossen wird und nicht noch vorher vor laufender Kamera gefoltert oder gedemütigt wird. Doch wer trägt Schuld an dieser gewaltigen Tragödie? Sind das wirklich nur die Fanatiker des IS, die sich unter falschen Zerrbildern einer Religion an der ganzen Welt zu rächen versuchen, weil in ihrem eigenen Leben nie etwas richtig gelaufen ist?

Sicher nicht. Eine Handvoll Idioten mit Skimasken und Kalaschnikovs kommen nicht weit. Denn auch im Orient gilt: Mit einem Sack Geld kommt man weiter als mit einer Panzerarmee und Geld hat der IS. Geld bekommt der IS auch weiter aus den reichen Golfstaaten. Der Westen kennt die Wege des Geldes doch an die größten Öllieferanten der Welt traut sich niemand heran. Im Gegenteil, wir erlauben diesen Ehrenmännern auch noch sich mit Prestigeprojekten wie zum Beispiel großen Sportveranstaltungen zu schmücken. Wir tolerieren es auch das Saudiarabien oder Kuwait es ablehnen auch nur einen einzigen Flüchtling aus Syrien aufzunehmen mit dem Verweis auf die zugroßen kulturellen Unterschiede und Europa nimmt solche Haltungen widerspruchslos hin!

Ja, das Foto dieses armen Jungen am Strand von Bodrum schockiert auch mich. Als ich es heute gesehen habe sind mir die Tränen gekommen und mir wurde klar dass es nur ein glücklicher Zufall verhindert hat dass es nicht mein Sohn ist, der dort liegt.

Man kann über dieses Bild streiten, ob es richtig ist, es in den Medien zu zeigen. Denn das was darauf zu sehen ist, ist in meinen Augen schier unerträglich und lähmend. Ich hätte mir gewünscht ich hätte es nicht gesehen, aber das habe ich nun einmal. Und auch ich hatte mich an die täglichen wechselnden Zahlen von ertrunkenen gewöhnt.

Es fällt manchmal schwer sich zwischen den vielen Sonderangeboten, Game-Shows und Albi-Skandalen auf die Nachrichten zu konzentrieren die wirklich wichtig sind. Ich für meinen Teil kann den Krieg in Syrien nicht beenden. Aber ich kann mir ein Bein ausreißen um den Menschen die hier her kommen um hier Schutz zu suchen nach besten Kräften zu helfen.

Wie soll das aussehen? Ich helfe, zum Beispiel indem ich Brot von Bäckerein abhole und es in die Flüchtlingsunterkünfte bringe. Ich habe auch schon Babykleider gespendet oder Geschirr das wir nicht mehr brauchten. Diese Menschen haben kaum etwas das sie mitnehmen können. Egal was man ihnen spendet, sie können es gebrauchen.

Mich überkommt die Wut, wenn ich diese vier Patentdemokraten von der NPD Tier sehe in ihrem Internet Trailer zu ihrem Fackelzug und daneben diesen kleinen Jungen am Strand von Bodrum. Natürlich gibt es auch einen Anteil an Asylsuchenden, die ohne eine echte Bedrohungssituation hier her kommen. Aber ich würde lieber für drei Wirtschaftsflüchtlinge mitarbeiten, als mir noch einmal so ein totes Kleinkind in der Brandung ansehen zu müssen.

Darum, an alle Leserinnen und Leser dieses Posts. Helft mit! Seid wachsam und schaut was Ihr tun könnt um den Flüchtlingen die zu uns kommen zu helfen. Seht nach was ihr Spenden könnt. Mahlzeug, Schulhefte, Kleidung, Nahrungsmittel, Möbel alles wird gebraucht. Vielleicht habt ihr ja auch die Möglichkeit Flüchtlingskindern bei den Hausaufgaben zu helfen, oder ihr könnt mit den Eltern zu Behörden gehen und ihnen so helfen hier Fuß zu fassen und wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Wem gar nicht’s einfällt, kann wenigstens mal zur Ruhe mahnen, wenn die lieben Nachbarn sich mal wieder über „die Ausländer“ aufregen.

Viel Dank!

Eure

Cori