Mein Vater Großvater war Bauingenieur. Er war stets der
Ansicht, dass eigentlich keiner von irgendetwas was versteht. Nur die
Bauingenieure beherrschen nicht nur ihr Fachgebiet sondern alle anderen gleich
mit. So in etwa kommt mir ein Blogpost vor den ich gerade beim tapferen Schreiberlein
lese und bei dem es um die postulierte Wirkungslosigkeit der Homöopathie geht.
Dazu ist ein fein reißerisches You-Tube-Video verlinkt in
dem einen homöopathischer Vollrausch simuliert wird.
Man muss dazu sagen, dass der Streit um die Wirksamkeit der Homöopathie
seit Jahrhunderten geführt wird. Seit der Erfindung der Homöopathie, 1796 durch
Samuel Hanemann wird diese Behandlungsmethode eigentlich andauernd in Zweifel
gezogen.
Grundprinzip der Homöopathie ist es, einen Patienten mit
einem Wirkstoff zu behandeln der der bei einem Gesunden, dieselben Symptome
auslösen würde wie die an denen der Kranke leidet. Man soll diesen Wirkstoff so
stark verdünnen wie nötig damit er nicht als Gift wirken kann und durch diesen „Minimalvergiftung“
soll der Körper quasi dazu „erzogen“ werden mehr Selbstheilungskräfte gegen die
Grunderkrankung oder die Symptome zu entwickeln.
Die Kritiker der Homöopathie greifen nun in den meisten
Fällen bei den Therapeutika, also den stark verdünnten Medikamenten an und
behaupten nun, dass die Verdünnung so hoch sei, dass schließlich kein einziges
Wirkstoffmolekül mehr in dem Arzneimittel enthalten sei. Auch viele andere naturwissenschaftliche
Erkenntnisse die heute bekannt sind standen Hanemann nicht zur Verfügung. Daher
ist es nur allzu leicht zu sagen, dass die Homöopathie Spinnerei ist. Und
tatsächlich liegt die Beweislast über die Wirksamkeit der Homöopathie derzeit
bei den Homöopathen.
Die bemühen sich nach Kräften, indem sie immer wieder mit,
meist mit klinischen Doppelblindstudien, versuchen die Wirksamkeit ihrer Behandlung
mit der Wirksamkeit eines Placebos zu
vergleichen oder gar mit der Wirksamkeit der herkömmlichen schulmedizinischen
Therapien.
Ein Beispiel dazu: Der Neurochirurg Klaus von
Ammon, Leiter für Homöopathie-Forschung an der Universitätsklinik in Bern, hat 2005
eine Studie zur homöopathischen Behandlung des Aufmerksamkeitsdefizitssyndroms
(ADS) bei Kindern erstellt. Die Studie wurde doppelblind durchgeführt. Das
Ergebnis: Bei 80 Prozent der Kinder mit diagnostizierten
Aufmerksamkeitsstörungen verbesserte sich das Krankheitsbild durch eine
gezielte, individuelle homöopathische Behandlung um 50 Prozent oder mehr.
Doppelblindstudien gelten als der Porsche unter den Studien,
da also weder der Patient noch der Anwender wissen ob sie nun gerade mit der
tatsächlich zu untersuchenden Therapie behandelt werden oder zur Kontrollgruppe
gehören mit der die Therapiegruppe am Ende verglichen wird.
Nun gibt es findige Biomathematiker und Lobbyisten auf
beiden Seiten die nun jedwede Studie die zu dem Thema gemacht wird in
sogenannte Meta-Studien einbinden, also Studien über Studien. Dabei wird
natürlich auch untersucht ob die Studien über die man forscht, auch wirklich
ordentlich durchgeführt worden sind und ob die Aussage die diese Studien
treffen auch wirklich richtig sind.
Je nachdem wie man die Ein- und Ausschlusskriterien wählt
nach denen man Daten in seine Studie mit einbezieht, kann man auch das Ergebnis
der Studie beeinflussen. Ein einfaches Beispiel war unter der Regierung
Schröder die Studie über die Arbeitslosigkeit in Deutschland. Man beschloss
Arbeitslose die älter als 60 Jahre sind nicht mit zu zählen und konnte direkt
den niedrigsten Arbeitslosenstand seit soundso vielen Jahren vermelden.
Der Statistiker Rainer Lüdtke von der alternativmedizinischen Carstens-Stiftung
und der niederländische Homöopath Lex Rutten werteten 2008 alle bis dahin
vorliegenden Daten neu aus und kamen zu folgendem Ergebnis „Die Schlussfolgerungen zur Effektivität der
Homöopathie hängen stark von der Wahl der analysierten Studien ab“.
Bei einer Reanalyse ihrer Daten kamen sie etwas später zu dem Ergebnis: "Homöopathie
hat eine signifikante Wirkung über Placebo hinaus"
Auch andere Gruppen kamen in ihrem Reviews zu ähnlichen
Ergebnissen. So veröffentlichten beispielsweise Linde et al., bereits 1997 eine
Metaanalyse, in der 89 Studien, bei denen Homöopathie gegen Placebo getestet
wurde, in der Zeitschrift „The Lancet“. Das Ergebnis der Metaanalyse war, dass
die Homöopathie dem Placebo statistisch signifikant überlegen ist. Auch Mathie werte
2003, 79 Studien und M. Dean 2004, 205 Homöopathiestudien und beide fanden
signifikante positive Effekte für die Homöopathie.
Und genau da kommen wir zu der eigentlichen Krux bei der ganzen
Homöopathiefrage. Denn kaum jemand der einen Studie zur Homöopathie macht wird
Vorurteilsfrei an diese Sache heran gehen. In keiner der Metastudien wurde
jemals untersucht was die Untersucher vor ihrer Studie für eine Erwartung an
die Studie hatten. Und selbst wenn jemand es schafft sich von seinen
Vorurteilen frei zu machen, so gilt doch der Grundsatz dass die meisten Studien
genau das beweisen was der Auftragsgeber der Studie gerne bewiesen haben
möchte.
Die Hersteller von schulmedizinischen Präparaten haben selbstverständlich
eine hohes Interesse daran die Homöopathie zu wiederlegen, da sie sonst auf
ihren teuer entwickelten Medikamenten sitzen bleiben wenn plötzlich alle lieber
kleine Zuckerglobulie futtern anstatt sich teure high-end Präparate zu leisten
und selbst die Generika links liegen lassen. Umgekehrt hat eine ganze
medizinisch anerkannte Fachrichtung ein elementares Interesse daran ihre
Existenzgrundlage zu erhalten. Mehr Geld hat sicherlich die versammelte Pharmaindustrie.
Eine aktuell gerne benutzte These aus Kreisen der Homöopathiebefürworter
ist die, dass es zur Zeit keine angemessenen Studiendesigns, also sozusagen
Methoden, gibt um die Homöopathie wirklich untersuchen zu können. Denn kein
Studiendesign werde dem individuellen Charakter der Homöopathie gerecht. Das
könnte durchaus sein, denn schon Hanemann schrieb seiner Zeit, dass „auch der gemüthliche
und geistliche Charakter des Patienten berücksichtigt…“ werden solle. Das
bedeutet, jeder Homöopath setzt sich mit einem Patienten eine sehr lange Zeit
hin und führt ein umfassendes Anamnesegespräch.
Die Wirksamkeit der Gesprächstherapie ist in der Psychiatrie und
Psychosomatik hinreichend bekannt und anerkannt, nichts anderes macht ein
Homöopath auch in seinen Anamnesegesprächen.
Es ist auch möglich, dass durch die Verordnung der Präparate, eine Form
der Autosuggestion getriggert wird. Es ist hinreichend belegt das
Umgangsstrategien mit einer Krankheit sowie die Verarbeitung derselben, ihren Verlauf
in hohem Maße mit beeinflussen. Ich persönlich denke dass hier des Rätsels
Lösung am wahrscheinlichsten zu finden ist.
Letzten Endes ist festzuhalten: In nahezu allen Studien sind die
Ergebnisse der Homöopathie signifikant andere als die des Placebos. In manchen
besser in anderen schlechter. Wäre Homöopathie nur der Placeboeffekt müsste
sich die Homöopathie auch wie ein Placebo verhalten. Da aber auch eine „Gesprächstherapie“
und sozusagen eine psychosoziale Behandlung einschließt wäre, wenn sich die
Homöopathie genau wie der Placebo verhalten würde, die Wirksamkeit gleich einer
zweiten medizinischen Fachrichtung, nämlich die der Psychotherapeuten in Frage
gestellt.
Insgesamt kann man sich in dieser Frage, wenn man gar nicht mehr weiter
weiß immer auf die Antwort zurück ziehen die nahezu allen Studien gemein ist
die zur Homöopathie verfasst wurden: „Wir haben noch keine Ahnung von der
Homöopathie. Wir brauchen mehr Daten!“
In diesem Sinne
Eure
Cori