Sonntag, 19. April 2015

Trauer mach der Tragödie und die Frage nach der Schuld



Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychiotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) sah sich kürzlich zu einer Stellungnahme hinsichtlich der Flugzeugkatastrophe des Fluges 4U9525 veranlasst. 

Darin wird zum einen bemängelt wir unkritisch aktuell mit der Diagnose Depression umgegangen wird und wie wild man aktuell damit spekuliert. Depression kann sowohl eine eigenständige Erkrankung, als auch das Symptom einer anderen Erkrankung sein. Nach dieser Tragödie alle Depressiven als potenzielle Amokläufer zu stigmatisieren sei grundsätzlich falsch. Es werde durch die mediale Berichterstattung der Eindruck vermittelt, dass von psychisch kranken Menschen generell und von Depressionserkrankten im Besonderen eine Gefahr ausgehe gegen welche die Gesellschaft sich schützen müsse. Eine mysthifizierung die bereits bei der Epilepsie recht verheerend gewirkt hat, denn noch bis in die 90er Jahre gingen einige Autoren davon aus, dass Menschen unter epileptischen Anfällen gezielt schwere Straftaten begehen könnten. Etwas dass auch in Hollywoodfilmen dankbar aufgegriffen wurde und dafür sorgte dass auch Menschen mit einer Epilepsie es nicht gerade leichter hatten nachdem eine Aura der boshaften Unberechenbarkeit sie umgab.

Um eine wirklich fundierte Diagnose im Bezug auf den Co-Piloten stellen zu können bedürfe es mehr als einiger spärlicher Momentaufnahmen in denen er sich in ärztlicher Behandlung begeben habe. Es brauche genauer Informationen über deinen bisherigen Lebensweg, seine bisherige Krankengeschichte, seine Medikamentenanamnese und genauer Angaben seiner Freunde, Familie und Kollegen sowie seiner momentanen Lebensumstände.
Insgesamt, so die Stellungnahme, ereignen sich 90% der 10.000 jährlich in Deutschland verübten Suizide vor dem Hintergrund erkannter oder nichterkannter psychiatrischer Erkrankungen. Die Suizide werden fast ausschließlich allein verübt. Der sogenannte erweiterte Suizid, sei äußerst selten. Dabei versucht der Suizidant ihm nahestehende Personen durch Tötung aus einer für ihn als ausweglos empfundene Situation zu retten. Dieses Merkmal lag allerdings bei dem Co-Piloten nicht vor, da keiner an Bord der Maschine als „ihm nahestehend“ beschrieben werden konnte. Absichtliche Abstürze zum Zweck des Suizides konnte laut der Stellungnahme, weltweit in über 100Jahren Fluggeschichte nur in einem Fall zweifelsfrei bewiesen werden.

Fatal sei es, nun über eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht zu debattieren. Psychisch Kranke hätten es auch heute schon schwer genug überhaupt erstmal den Weg zum Arzt ein zu schlagen und vielfach sei das Berichten über die Erkrankung schon mit viel Scham besetzt. Müsse man nun auch noch befürchten dass der Therapeut Details über die Erkrankung nach eigenem Ermessen an dritte weiter melden kann so würde das wahrscheinlich viele Menschen ganz davon abhalten ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Da immerhin 30% der Bundesbürger im Laufe ihres Lebens von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, würde das eine nicht unerhebliche Zahl von Menschen betreffen. Dass ein Arzt auch jetzt schon, zum Schutz höherer Rechtsgüter, zur Meldung verpflichtet ist ist bei den meisten Menschen unbekannt. Sollt mir zum Beispiel ein Patient im Gespräch sagen: „Meine Frau hat mich betrogen, darf werd ich die Schlampe totschlagen“, dann ist unbedingt zu klären, wie ernst es dem Mann damit ist und wie man diese Tat verhindern kann.

Abschließend finde ich, sollte man den Namen des Co-Piloten oder Bilder von ihm in der Zeitung oder im Fernsehen nicht zeigen. Denn ich denke das war genau das was dieser Mensch beabsichtigt hat. Eine Einladung für alle die ähnlich fühlen und denken wie er!

Meine Gedanken und guten Wünsche sind bei den Hinterbliebenen der Opfer. Auch bei der Familie des Co-Piloten. Auch in ihm haben Eltern einen geliebten Sohn verloren.

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