Freitag, 22. Juni 2012

Über den Tod

Der Todesfall der viel von uns sprachlos, betroffen und traurig gemacht hat, hat mich, zusammen mit einigen Erlebnissen die ich dieser Tage in meinem RL hatte, sehr nachdenklich gemacht.
Seit einiger Zeit bemerke ich immer wieder etwas sehr sonderbares bei meiner Arbeit. Dieses Sonderbare kann man vielleicht damit zusammen fassen, dass wir in unserer westlichen Welt den Tod nicht mehr kennen.
Wie denn auch? Wir leben meist in Familien in denen die Großmütter und Großväter 70 oder 80 Jahre alt sind oder noch älter. Meist geht es allen gut und so gut wie nie stirbt jemand. 

Wenn wir dann manchmal doch ganz plötzlich und unmittelbar mit dem Tod konfrontiert werden so geschieht das meist recht unvermittelt. Grund dafür ist, dass wir die Zeit in denen wir auf das Sterben unserer Väter, Mütter oder Großeltern vorbereitet werden sollen, die Zeit des Siechtums meist in Pflegeheime, Krankenhäuser und Hospize "outgesourced" haben. Irgendwie bekommt man immer nur mit dass es irgendwie allen gut geht oder zumindest dauernd besser wird.
Und dann klingelt eines Nachts das Telefon und jemand sagt: "Hier ist die Schwarzwaldklinik, ich habe leider eine traurige Mitteilung für Sie, ihr/e Vater/Mutter/Bruder/Schwester/Onkel/Tante/Großmutter/Großvater ist vor einer halben Stunde unerwartet verstorben, wir konnten leider nichts mehr für ihn tun."

Und dann auf einmal fällt uns auf, dass jemand dem es seit wir ihn kennen, also vielleicht seit sechzig Jahren, immer gut ging, auf einmal einfach nicht mehr da ist.
Und wir? Wir bleiben zurück mit dieser Lücke in der Familie und niemand hat uns jemals gezeigt wie man solche Lücken schließt. Wie trauert man? Was gehört dazu um einen lieben Angehörigen oder langjährigen Freund aus dem Leben zu entlassen?

Früher als die Generationen noch dichter gestaffelt waren wir unsere Kinder noch mit Anfang zwanzig bekamen, da trug man als Kind die Urgroßelten zu Grabe, als junger Erwachsener die Großeltern und bei den Eltern da wusste man dann wie so etwas geht und hatte sich auch daran gewöhnt, dass der Tod und das Sterben eben ein Teil des Lebens ist.

Heute haben die aller meisten Menschen, die nicht in einem Krankenhaus oder einer vergleichbaren Einrichtung abreiten noch nie einen Menschen sterben sehen, oder zumindest einen gerade Verstorbenen. Somit kommen Situationen, in denen man nach einem Bestatter für die eigene Mutter gefragt wird nicht wirklich im unserem Denken vor.

Voreinigen Tagen musste ich einer Familie sagen, dass ihre Mutter leider in unserem Rettungswagen verstorben ist. Ich habe wirklich versucht, es diesen armen Leuten so schonend zu sagen wie es geht. Sie stellten auch einige Fragen und am Ende Fragte einer der erwachsenen Söhne, wie schnell sich das was ich ihnen eben erklärt hätte denn wieder bessern würde und wann denn die Patientin entlassen werden würde.

Ich schreibe das nicht auf um den jungen man lächerlich zu machen, sondern um zu zeigen, dass die Möglichkeit seine Mutter könnte tot sein und eben gar nicht mehr nach Hause kommen in seinem Denken nicht existierte. 

Der Tod wird in vielen Medien und Computerspielen auch eher als ominöses, oft lustig daher kommendes Pseudoproblem dargestellt. Hunderte von Statisten sterben in jedem Actionfilm beiläufig und bieten dadurch dem Helden die Bühne auf der er den Schurken besiegen kann. Nur wenige von uns mussten den Hinterbliebenen die Nachricht bringen, dass ihr Sohn von einem alkoholisierten Autofahrer übersehen wurde und noch am Unfallort verstorben ist.


Wie viele Menschen tötet man per Kopfschuss in einem der sog. „Ballerspiele“.
Wer von uns halt schon selbst die Ohnmachtgefühlt weil der Vater im Einsatz als Polizist oder Soldat von einem unbekannten Erschossen wurde?
 
Ich bin nicht sicher ob man durch reißerische Ausstellungen wie "Körperwelten" oder teilweise sehr eindringliche Filme wie man sie manchmal auf Arte sehen kann wirklich bewirken kann dass sich eine ganze Gesellschaft, ud zwei komplette Generationen dem Thema Tod wieder annähern können.

Eure, heute sehr nachdenkliche,

Cori

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