Dienstag, 21. Oktober 2014

Gesunder Menschenverstand und allgemeiner Konsens

Aus aktuellem Anlass der möglichen Änderung der Südlandregeln, wird derzeit in der Blogosphäre hinreichend über den Sinn und Unsinn von Regeln für das Rollenspiel diskutiert.

Dabei scheinen sich im Wesentlichen zwei Fraktionen heraus zu kristallisieren. Die eine Fraktion glaubt an die menschliche Vernunft, dass Menschen Rollenspiel um des gemeinsamen Rollenspiels wegen machen und dass diese vernunftbegabten Rollenspieler Meinungsverschiedenheiten, so sie denn überhaupt aufkommen, einvernehmlich klären.

Die zweite Fraktion, und zu der gehöre ich eindeutig, glaubt genau das eben nicht. Denn nach meiner Erfahrung mit Spielern wie Polly Pocket oder Sailor Moon (Leser meines Blogs kennen die beiden) spielen viele Spieler das Spiel auch um ein Stück weit Erfolgserlebnisse zu haben und ein sehr direktes Erfolgserlebnis ist es zum Beispiel wenn man jemand anderen im RP umhauen kann.

Darum hat das tapfere Schreiberlein (wer Gor-Blogs liest kennt auch ihn) schon Recht, wenn er bei sich schreibt, dass der Konsens unter mündigen Spielern nur funktioniert wenn es keine Meterpflicht gibt und man ansonsten eben als Admin den Schiedsrichter spielen muss, der sich (das sei auch gesagt) nahezu immer in die Nesseln setzt.

Wenn ein Zielpunkt definiert ist, wann in einer Konfliktdarstellung der eine gewonnen und der andere verloren hat, dann kommt automatisch die Frage auf, welche Mittel erlaubt sind um diesen Zielpunkt zu erreichen.

Als Beispiel dazu sei ein Fußballspiel genannt. Es ist klar gesagt: Wer am Ende des Spiels mehr Tore geschossen hat ist Sieger des Spiels. Wenn nun eine Mannschaft glaubt, dass das Spiel 90 Minuten geht und die andere Mannschaft davon ausgeht, dass das Spiel jederzeit zu Ende sein kann, liegen schon mal unterschiedliche Auffassungen vor, die letztlich auch beeinflussen werden wie die Spieler zu Werke gehen werden. Außerdem muss man zweifelsfrei erklären, wann ein Tor als geschossen zählt. Wenn eine Mannschaft sich kunstvoll durchs Mittelfeld dribbelt könnte die andere ja davon ausgehen, dass es okay ist wenn sie das ganze eher wie beim Rugby machen und oder den Ball mit der Hand ins Tor werfen.  

Natürlich kann man auch Fußball spielen ohne jede Regel zu kennen. Aber der Schiedsrichter muss die Regeln kennen. Die Spieler sollten sich vor dem Spiel informieren können was sie machen dürfen und was nicht und der Schiedsrichter wacht dann darüber, dass diese Regeln auch eingehalten werden. Und zwar nicht aufgrund seiner persönlichen Befindlichkeit, weil er die eine Mannschaft mag und die andere nicht, sondern weil er klar sagen kann: Spieler Nummer 3 von Mannschaft Blau hat Spieler Nummer 5 von Mannschaft Rot gerade gefoult. Darum bekommt Mannschaft Rot einen Elfmeter.

Das bedeutet, dass der gesunde Menschenverstand meinetwegen existent ist, aber er in Streitfragen meistens als erstes über Bord geworfen wird. Nun kann man sagen, dass man ja einfach nur noch mit den Spielern spielen könnte, die so mündig und vernünftig sind, dass sie auch ohne Regeln auskommen. Aber dann müsste man gefühlt auf dreiviertel der Spielerschaft verzichten und mit dem restlichen Viertel könnte es...sagen wir sehr beschaulich, wenn nicht gar langweilig werden.

Daher kann ich mich Te-ah-tim-eh nur anschließen der schreibt, dass gut formulierte Regeln, den Admins Sicherheit bei ihren Entscheidungen geben, Spielern Sicherheit im Spiel geben, ihnen innerhalb der Spielwelt sogar mehr spielerische Freiheit verschaffen und sie gleichzeitig vor der Willkür anderer Spieler und ihrer Admins schützen.

Ich erspare mir als Admin jedwede Diskussion größere Diskussion. Wenn ich aber schreibe: „Hör mal, Du hast eine Waffe benutzt die auf Gor eigentlich so nicht vorkommt und auch nicht logisch zu deiner Rolle passt.“ Dann habe ich sofort eine lange Diskussion an der Backe: „Warum soll ich als Frau kein Schwert benutzen dürfen? Mein Avatar hat das Schwert vor drei Jahren einem Piraten abgenommen, den sie erschlagen hat, außerdem ist es gar kein Schwert sondern ein Scimitar und das sind nämlich extra für Frauen angefertigte Waffen die so ähnlich sind wie ein Schwert und im letzten Buch was es erst im Script bei John Norman gibt, wird in einem Nebensatz genau so eine Frau vorkommen, die genau so eine Waffe hat, so! Und wenn Du mir diese Waffe verbietest bist Du gemein und betreibst Amtsmisbrauch!“

Hätte ich dann ein gutes Regelwerk zur Hand könnte ich sagen: „Mag alles richtig sein. Aber die Simregeln geben es nun mal anders vor. Du hättest Dich vorher informieren können, hast es nicht getan und nu is das RP eben invalid. Halte Dich an die Regeln oder spiel wo anders.“

Übrigens: Regeln schaffen auch rollenspielerische Freiräume. Wenn z.B. durch eine Regel die Benutzung von Bögen innerhalb einer Stadt verboten ist, dann können Krieger auch mal so völlig schwulstig-gorenaisch nur mit ihrem Schwert rum rennen und man kann diesen Waffenkult um das Schwert deutlich besser ausspielen.

Anderes Beispiel: Wenn eine Regel festlegt, dass man vor einem Angriff von beiden Seiten ein bestimmtes Schlüsselemote verlangt bevor man einen Meterkampf machen darf, dann kann ein schlechter Meterkämpfer, einen Power-Counterstriker, durch hinauszögern des Schlüsselemotes quasie zum RP-Kampf zwingen oder sich dem Kampf sogar komplett entziehen. Das hat besonders dann seinen Reiz wenn man eigentlich gerne einen stolzen starken Krieger spielen würde und es so gar nicht zur eigenen Rolle passen will, dass man von einer zierlichen Palastkajira mit einem Nudelholz vermöbelt wird.

Schlussendlich hört man immer wieder das Argument, Regeln seien nur dazu da um gebrochen zu werden. Das ist natürlich Quatsch. Obwohl es zugegeben sehr clever klingt und sich auch ganz gut zum Schlagwort hochstilisieren lässt. Der Grund warum nicht jeder Torwart dem gegnerischen Stürmer einen in die Fresse haut ist der, dass es verboten ist und bestraft werden kann.

Gute Regeln zu formulieren heißt übrigens nicht, jeden Einzelfall mit extra Regelungen zu versehen. Mit ausreichend Geschick reichen vielleicht zehn, zwölf klare Grundsätze aus, nur klar formuliert sollten sie schon sein. Mir ist dieses Kunststück noch nicht gelungen, aber ich bin halt auch nicht Jesus. 

Fazit: Kein Spiel ohne Regeln. Je besser die Regeln um so besser das Spiel.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich glaube, dass sich schon allein die Vorstellungen von "Spiel" zu weit unterscheiden. Für die einen ist es ein meter-sportlicher-Wettkampf mit Gewinnen-Option. Für die anderen ein text-basiertes Rollenspiel ohne Gewinn-Option.
Immer da, wo ein Gewinner ermittelt werden soll, sind Regeln vonnötigen. Wo das gar kein Thema ist, braucht es nicht unbedingt welche außer einem Hinweis auf konsensuelles Spiel unter gleichwertigen Spielern.

Aus heutiger Sicht kann ich nur sagen, dass ich auf keiner Sim mit Meter-Pflicht mehr spielen würde. Einfach deshalb, weil der Meter die "Sportlicher-Wettkampf-Fraktion" anlockt, die für mich als Spielpartner uninteressant ist.

Wir müssen endlich vergegenwärtigen, dass es zum einen in Deutsch-Gor Counterstrike mit Rollenspiel-Elemten gibt und zum anderen Leute, die einfach mit anderen gute Szenen gestalten wollen, an denen alle gleichviel Spaß haben.

Es ist doch klar, dass das zwei komplett unterschiedliche und kaum vereinbare Dinge sind, die überdies noch komplett andere Dinge verlangen, was das Regelwerk angeht.

So ist es z.B. im Südland komplett egal, WIE jemand emotet. Auf einer anderen Sim ist das aber essentiell. Schon allein die Frage, ob ich Force-Collar spielen will oder nicht, trennt RP-Welten innerhalb des gleichen Settings voneinander.

Es lässt sich nichts gleich machen, was nicht gleich ist, nur weil Gor drüber steht oder alle im Südland wohnen.

Nea

Unknown hat gesagt…

Hallo Cori,

ich habe deine letzten Posts hinsichtlich der Sim Regeln verfolgt. Und ich befinde mich da in einem Zwiespalt.

Denn Umfangreiche Regelwerke haben laut einem Kollegen von Einstein, den Namen habe ich leider vergessen, eine ganz unangenehme Eigenschaft. Bei einem umfangreichen Regelwerk passiert es in der Regel, das Regeln anfangen sich zu widersprechen. Aus praktischen Anwendung im technischen Bereich kann ich das nur bestätigen.

Auf der anderen Seite hat ein umfangreiches Regelwerk für Admins als Entscheidungsgrundlage auch seine Berechtigung, um Willkür zu vermeiden.

Eventuell sollte man eine Trennung vornehmen. Einen Leitfaden für die Spieler und ein Adminregelwerk? Wobei beides für alle einsehbar sein sollte.

Das Eine wäre kurz genug das es gelesen wird. Das Andere könnte von Admins verantwortungsvoll interpretiert und angewendet werden.

Und ja auf Meter-Sims prallen unterschiedliche Interessen aufeinander. Auf der einen Seite die vorrangig combat- orientierten Spieler, und auf der anderen seite die RP-Fans, die nur im sinnvollen Zusammenhang oder gar nicht für Kämpfe zu haben sind.

Beides hat seine Berechtigung. Denn es ist unsere Freizeit die wir in das Spiel einbringen. Und jeder sollte seinen Spass haben. Man sollte nicht versuchen sich gegenseitig "zu erziehen". Man sollte die Schnittstellen nutzen die da sind. Sicher ist aus meiner Sicht ein Kampf mit nachfolgenden RP erstrebenswerter. Aber was solls. Wenn sonst nichts los ist, kann ein reiner Kampf auch mal befreiend sein.

Andernfalls kommt es dazu das sich über kurz oder lang die unterschiedlichen Spieler trennen. Auf der einen Seite die die ausschiesslich gern kämpfen. Auf der anderen Seite die die nur dem reinen RP frönen. Aber was ist mit denen die sich dazwischen befinden? Diese Spieler wird das entsprechende RP unweigerlich verlieren.

Oder diese zweigeteilten Spieler bleiben als letzte auf einer Sim übrig. Was aber auch nicht erstrebenswert ist. Denn ihre Masse dürfte in der Regel zu gering sein.

Worauf ich hinaus will ist das Folgende. Es geht nicht ohne gegenseitigem Respekt. Jeder muss auf einer Sim ein Rückzuggebiet haben wo man in Ruhe spielen kann. Oder man geht zum Hotspot und metert alle weg *lacht*

Insofern ist sicher ein No-Combat wie es Kasra und die Oase der 4 Palmen praktizieren erstmal nicht grundverkehrt. Aber gleich 2 Sims in dieser rigorosen Art und Weise in einem Sim-Verbund?

Aus meiner Sicht stellte sich diese Praxis als RP-Verweigerung den Jägerinnen gegenüber dar. Das mag so nicht gemeint sein. Aber es war mir zu dünn nur mit anderen Stämmen zu spielen, deshalb habe ich die Konsequenz gezogen, und habe Suedland verlassen.

Man kann versuchen alles zu regeln, aber am Ende geht es nicht ohne den gesunden Menschenverstand.

Ciao Juels.

Te-ah-tim-eh hat gesagt…

Nur so als Gedankenanstoß:

Wie viele Leute gibt es wohl, die nicht der Meinung sind, selbst in ausreichender Menge über den vielzitierten heiligen Gral/das Allheilmittel "gesunder Menschenverstand" zu verfügen und auch danach zu handeln, zumindest die meiste Zeit?

Cori Panthar hat gesagt…

Ja, Teatime, genau das ist das Problem. Der "gesunde Menschenverstand" kann nicht als Eichmaß herangezogen werden, weil er selber eben nicht geicht ist.

Den Vorschlag von Jules, mit der Nutzung der gemeinsamen Schnittstellen, finde ich ganz hervorragend. Klar können die Combater alleine ihr Combat machen und die Paraemoter sich in ihren Emotes ergehen. Aber wäre es nicht schön, wenn man die Combater dazu bekommt dass sie sich vor oder nach dem Kampf auch auf ein RP einlassen und die Paraemoter sich zwischen all ihren emotes nicht zu fein sind auch mal mit dem Bogen zu wedeln?

Vielleicht ist ja dann in Südland auch mal wieder was los.