Sonntag, 22. Februar 2015

Reise zu den Seraka

(Was bisher geschah...

Lara trug den Stein in einem Gürtel an ihrem Beutel. Seit vier Tagen wanderten die sechs Pyrana-Jägerinnen durch den Wald. Lange schon hatten sie das Revier ihrer Gruppe verlassen und befanden sich nun im Niemandsland. Vielleicht waren sie auch schon in das Territorium der Schwestern der Blutklingen wie die Seraka auch genannt wurden eingetreten.

An der Grenze des Pyranagebietes hatte Cori Lara den Stein gegeben. Fast jede Jägerin in den Südlichen Wäldern kannte Cori, wenn sie sie sich aus ihrem Camp bewegte und sogar ihr Gebiet verließ, dann musste es dafür einen Grund geben, das konnte sich jeder denken der die Anführerin der Pyrana irgendwo entdeckte.

So etwas forderte natürlich auch immer wieder Glücksritter, Söldner und andere Widersacher heraus, die versuchen wollten sich der En zu bemächtigen. Viele Stadtregenten und Krieger hätten ihren Namen gern damit geschmückt die berüchtigte Krähe zur Strecke gebracht zu haben. Daher war Cori im Falle eines Angriffes häufig diejenige auf die sich die Attacken der Feinde konzentrierten. Die Chance das Lara im Falle eines Angriffes die Flucht gelingen würde war ungleich höher als bei Cori daher hatte die En, der stillen aber doch resoluten Lara den Stein anvertraut.

Außer Lara und Cori, hatten sich Loo, Moira und die ehemalige Piratin Okami der Expedition zu den Seraka angeschlossen. So war man eine schlagkräftige Truppe falls die Seraka es vorziehen würden manche Dinge zuerst mit dem Speer oder dem Bogen zu besprechen.

Das Problem bei solchen Besuchen bestand darin, dass die Lager der gesetzlosen Waldbewohnerinnen nicht an festen Orten standen. Nicht umsonst waren diese Lager so einfach gebaut, dass man sie in kurzer Zeit aufgeben und an anderer Stelle neu errichten konnte. Lediglich den Tanzplatz über den fast jede Gruppe verfügte behielten die meisten Gruppen unbeirrt bei und schützten ihn mit besonderer Sorgfalt. Man wusste also meist nur ein grobes Gebiet in dem man nach einer Gruppe suchen musste, war dann aber darauf angewiesen die meist versteckten Zeichen an Baumstämmen, Ästen oder Steinen zu entdecken um das Lager zu finden. Dabei musste man aber hoffen nicht aus Versehen über den Tanzplatz zu stolpern, denn bei der Entdeckung dieses, als Heiligtum verehrten Ortes kannten die meisten Jägerinnen kein Pardon.

Loo, die auf der Reise einem Wildbienenstock zu nahe gekommen war und nun durch zahlreiche Insektenstiche verunstaltet war, war von Cori als Vorhut auserkoren worden. Zum Glück hatte das Missgeschick mit den Wespen schon vor zwei Tagen statt gefunden und So waren lediglich einige kleine rote Flecken verblieben und die Schwellungen inzwischen zurück gegangen.

Cori konnte nich mehr sagen wer es gewesen war, aber irgendeine ihrer Begeleiterinnen hatte vor Stunden, nachdem man eine morsche Hängebrücke überqueert hatte, einige junge Turbaum-Sprößlinge entdeckt die in einer so sonderbaren Formation standen, das man darin das versteckte Zeichen vermutete das zum Lager der Ja'hesa Seraka führte. Aus diesem Grund folgte die Gruppe Loo seit einer halben Ahn durch eine enges und flaches Tal, das fast wie ein Graben geartet war.
Plötzlich blieb Loo stehen nahm ihren Bogen vom Rücken.

Die anderen Pyrana waren auch stehen geblieben, wie durch ein geheimes Signal hin waren alle bis aufs Äußerste alarmiert. Ohne ein einziges Geräusch zogen die Jägerinnen ihre Waffen aus den Halterungen an ihren Gürteln oder auf ihren Rücken. Loo deutete mit der Hand nach vorn und ihre Kameradinnen spähten durch die Blätter und Zweige auf eine Lichtung. Wo einige Baumstämme und Decken zu sehen waren, außerdem konnte man Hütten erkennen.

Die Hütten sahen auf den ersten Blick denen im Lager der Pyrana ähnlich, doch bei genauerer Betrachtung konnte man feststellen, dass ein völlig anderer Baumeister am Werk gewesen war. So waren die Grundbefestigungen der Hütten mit Natursteinen verstärkt. Neidvoll blickten die Jägerinnen auf die Hütten sicher boten diesen Hütten einen deutlich besseren Schutz gegen die Wetterumschwünge in dieser Klimazone als die Behausungen der Pyrana. Allerdings waren diese Hütten deutlich schwerer an anderer Stelle nach zu bauen, daher konnte man davon ausgehen dass man mit hoher Wahrscheinlichkeit das Lager der Seraka gefunden hatte.

Lautlos bewegten sich die Pyrana auf den Lagerplatz. Mit gespannten Bögen und wurfbereit erhobenen Speeren blickten sie sich um. Weit und breit war keine Jägerin der Seraka zu entdecken.

Die Tatsache das niemand zu sehen war konnte bedeuten, dass man entweder doch nur einen kürzlich aufgegebenen Lagerlatz gefunden hatte, oder, und das war viel wahrscheinlicher, bereits von vielen Augenpaaren aus dem umliegenden Dickicht beobachtet wurde. In diesem Fall war das anstrengende herumschleichen völlig sinnlos, ja sogar fast lächerlich. Während Lara sich neugierig umsah überlegte Cori wie die Seraka auf die Idee kamen so ungeschützt zu leben. Kein Zaun, kein Graben und keine Hecken versperrten Eindringlingen den Weg. Wer die Seraka fand, dem waren sie scheinbar schutzlos ausgeliefert. Was wenn genau das passiert war? Was wenn die Nachbarn der Pyrana einfach das Ofer eines streunenden Sklavenjägers und seiner Truppe geworden waren?

Moira, die jüngste in der Gruppe fasste sich ein Herz und rief unerwartet nach der ihr bekannten Schamanin: „Creide!?“
Lara machte sich pragmatisch daran in jeden Winkel des Lagers zu schauen und jedes Fell hoch zu heben. „Scheint niemand da zu sein“, konstatierte sie.
„Ich denke sie haben in der Nähe noch ein Versteck in den Felsen dort drüben.“ Sagte Loo und deutet auf einen mit Sträuchern völlig überwucherten, felsige Hügel.
„Creide?!“ rieg Moira erneut.
Cori war müde und befestigte ihren Speer wieder auf ihrem Rücken. Dann setzte sie sich an die erkaltete Feuerstelle und nestelte an ihrem Gürtel herum bis sie einen kleinen ledernen Trinkschlauch in der Hand hielt.  

Die anderen Pyrana folgten dem Beispiel ihrer En doch wie sie gerade alle an der Feuerstelle zusammen kamen und ihre Waffen wieder verstaut hatten, da stand plötzlich einen rothaarige Frau am Feuer. Der Kleidung nach sicher ebenfalls eine Jägerin. Sie war in braune fransige Leder und Fellstücke gekleidet, an den Armen trug sie lederne Unterarmschienen die sicher einmal einem Krieger gehört hatten und auf dem Kopf trug sie eine Kappe aus Wolle.

„Was ist das hier für ein Lärm!“ wollte die neu hinzugekommene wissen. Ihre Stimme war klar und fest und ließ keine Emotionen erkennen. Die sehr emotionale Moira machte einen Satz nach vorn: „Tal Creide!“
Auch Cori erhob sich von ihrem Platz und hob ihre geöffneten Handflächen um sich dann mit der Faust leicht gegen die Brust zu schlagen: „Tal, Creide, berühmte und weise Schamanin der Ja’hesa me Seraka.“
Creide nahm die Begrüßung, welche für Coris Verhältnisse ausgesprochen respektvoll war mit einem leichten Lächeln und einem angedeuteten Verbeugung an. „Da ist man einmal in der Höhle um aufzuräumen und dann kriegt man gleich Besuch…“, sagte die Schamanin mit einem spöttischen Lächeln, während sie selbst an der Feuerstelle Platz nahm.

Auch die anderen Pyrana begrüßten die Seraka-Schamanin und setzten sich dann um den Herdkreis. Cori nahm den Beutel auf den sie zuvor von ihrem Gürtel genommen hatte und reichte ihn herum.
„Was ist das?“ fragte Moira.
„Ein Kräuter-Paga. Die Wagenvölker aus den turianischen Steppen sollen ihn aus Tosplitkernen brennen“, antwortete die Krähe.
„Ah,“ sagte Moira und probierte zaghaft einen Schluck. Schmeckte vorsichtig und nickte da. "Sag mal Creide, wo sind denn alle deine Schwestern?"

"Unsere Älteste, Dahna ist auf einem Stammestreffen, Nadin sucht nach irgendwelchen alten Schriften, aber ihr seid doch sicher nicht hier um rauszufinden wo welche meiner Schwestern gerade steckt. Was kann ich für Euch tun? Es geht doch nicht immer noch um diese Federn-Geschichte?"

Während des Krieges zwischen den beiden Gruppen war es der Splittergruppe der Tri’Shena gelungen einige Pyrana zu fangen. In der Gefangenschaft hatten die Tri’Shena, unter Creides Führung, den Pyranajägerinnen ihren Federschmuck abgenommen, welcher zu den wichtigsten Dingen zählte die eine Pyrana überhaupt besaß. Der Federschmuck zeigte ihre Zugehörigkeit zu ihrer Gruppe an. Vielen Pyrana konnte man eher alle Knochen im Leib brechen als ihnen ihre Federn ab zu nehmen. Wer Hand an den Federschmuck einer Pyrana legte, der hatte im Regelfall, einen Feind für’s Leben.

„Du kennst dich doch ganz gut mit Kräutern aus, Creide.“ Begann Cori ihre Motive zu erklären.
Creide nickte „Ja ich habe einiges an Kräutern und Heilprflanzen hier.“
„Hast Du auch eine Pfanze die lange sternförmige Blüten hat?“ fragte Cori während der Tosplitpaga die Runde machte. Cori gab Lara ein Zeichen: „Zeig ihr den Stein, Lara.“

Lara griff in ihren Beutel, holte den Stein vervor und wickelte ihn vorsichtig aus seinem Tuch bevor sie ihn vor sich auf den Boden legte: „Hast Du so eine Pflanze schon gesehen?“
Die Schamanin betrachtete den Stein gründlich: „Hmmm, so eine braucht ihr?“
„Nun erst mal müssen wir wissen was das für eine Pflanze ist. Wozu sie gut ist und wo man sie findet.“ Gab Cori zu bedenken.
„Das da, liebe Pyranas, ist wahrscheinlich eine Luminus Ephorbiacea.“
„Efeubi…was?“
„Was kann denn dieses Dreckszeug.“ Warf Okami ein. Sie hatte lange bei den Piraten gelebt und noch immer war die derbe Ausdrucksweise der Freibeuter nicht aus ihrem Wortschatz gewichen.

„Es ist die Leuchtsternpflanze“ erklärte Creide.
„Also das Ding leuchtet?“ sagte Cori fast etwas enttäuscht.
„Ja. Wenn es dunkel wird, leuchtet sie.“
„Ist das alles?“ wollte Cori wissen, sie war wirklich enttäuscht.
„Betört es die Sinne?“ fragte Lara um wenigstens eine aus ihrer Sicht sinnvolle Verwendung für Pflanze zu finden.
„Oder kann man Pfeile damit vergiften?“ auch Okami suchte nach einem praktischen Anwendungsgebiet.
„Wenn ihr so eine Pflanze sucht, dann müsst ihr weit in den Norden reisen. Dort hin wo die Menschen fremde Götter verehren und der ewige Schnee liegt“ Creide ließ sich von den stürmischen Fragen der Pyrana nicht aus der Ruhe bringen.

Cori wollte par tout nicht akzeptieren, dass ihr geheimnisvolles Fossil lediglich eine Leuchtblume war. Schön anzusehen aber ohne praktischen Nutzen: „Kann diese Pflanze denn noch irgendwas anderes außer Leuchten?“
„Nun ich sage es mal so. Sie hat schon die ein oder andere besondere Eigenschaft.“
„Welche?“
„Nun wenn man die Blüten isst sind sie giftig. Wenn man es schafft Nektar der Luminus Ephorbiacea zu gewinnen und damit einen Pfeil bestreicht, dann tötet der Pfeil einen Mann in zwei Atemzügen. Die Wurzeln allerdings sollen eine besondere Heilwirkung haben, wenn man sie zerreibt.“
Cori hörte aufmerksam zu und hinter ihrer Stirn überlegte sie bereits ob die Kräfte dieser Pflanze eine so lange und gefährliche Reise rechtfertigen würden.
„Aber sie ist nicht leicht zu finden“, fuhr Creide fort, „meist wächst sie an Höhleeingängen und in der Nähe von Kur-Dung. Keine Ahnung warum aber sie scheinen den Dung zu mögen.“
„Wie bitte? Du nimmst uns doch auf den Arm oder?“ insistierte Cori.
„Nein. Ich sagte ja, sie ist nicht leicht zu finden.“

„Glaubst Du man kann sie hier anzüchten?“ bohrte Cori weiter.
„Wenn Du einige Samen und etwas Kur-Dung mitbringst, und sie an eurer Höhleneingang aussähst, dann ja.“
„Wir sollen im Kur-Dung wühlen?“ fragte Lara entsetzt.
„Ihhh!“ empörte sich Moira.
Cori überlegte. Ein Gift zu haben, dass Feinde binnen weniger Augenblicke töten könnte, wäre eine starke Waffe in diesem Teil von Gor.

„Für was braucht ihr die Pflanze denn?“ wollte nun Creide wissen.
„Naja, wenn Du sagst die Blätter töten und die Wurzeln heilen, dann sollte es schon was wert sein, diese Pflanze zu besitzen. Es könnte die Machtverhältnisse in der ganzen Region hier, zu Gunsten der Jägerinnen verschieben.“, überlegte Cori.
„Nun aus reiner Machtgier, würde ich sie nicht holen, Cori. Sie wächst nicht so sehr leicht und das Leuchten erregt sicher die Aufmerksamkeit vieler ungebetener Besucher.
„Das mag sein, aber allein sie zu verkaufen könnte sicher sehr lukrativ sein. Zumal die Wissenden der Nordmänner offenbar noch keine Ahnung haben was da bei ihnen wächst, sonst würden sie sich die Pflanze ja zu Nutze machen.“, argumentierte Cori.

Creide führte weiter aus: "Mein Vater, Jarl Longgrien, sagte mal das sich ganze Stämme wegen dieser Pflanze schon blutig dezimiert haben. Sie ist schließlich auch für Assassinen sehr interessant um politische Dinge zu ändern. Die Mäuchelmörder achten gut darauf wem die Pflanze in die Hände fällt und auch die Nordleute legen sich nicht mit der schwarzen Kaste des Südens an." 

Cori dachte nach. Sie wussten jetzt von der Macht dieser Pflanze. Sie in die Hände zu bekommen könnte die Pyrana ein für alle Mal zu einer ernstzunehmenden und geachteten Größe in dieser Region machen. Sich mit der schwarzen Kaste an zu legen, war allerdings auch ein gewaltiger Preis der zu zahlen sein würde. Dagegen erschien die Reise in den Norden fast wie ein Spaziergang. 

(...und es geht weiter!)

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