Während sie auf die Rückkehr von Okami und Moira warteten
bemerkten die Jägerinnen auf dem Wasser ein kleines Boot. Es war aus einer
versteckten Grotte in den Felsen hervor gekommen und war mit zwei Personen
besetzt von denen eine äußerst Interessiert mit ihren Blicken die Frauen am
Strand fixierte.
Die En der Pyrana war insgeheim froh, dass die
Bewohner dieser Bucht, welche sie zweifelsfrei für Piraten hielt, so offen zeigten.
Bezüglich ihrer Stützpunkte eilte den Piraten Gors der Ruf voraus so
ungastfreundlich zu sein wie die Talunamädchen mit ihren Lagern und
Tanzplätzen.
Cori deutete mit dem Finger auf das Boot und
machte ihre Schwestern auf das Seefahrzeug aufmerksam. „Soll ich Okami und
Moira zurück holen?“ fragte Loo, doch Cori wollte erst abwarten.
Stattdessen stand sie auf, ging zum Wasser und winkte mit
einem Tuchfetzen der sonst an ihrem Rucksack befestigt war, den Bootfahrern zu.
Die größere Gestalt nahm darauf ihren Hut vom
Kopf und winkte damit zurück. Dann rief die Gestalt etwas, das so klang wie
„Was wollt Ihr?!“
Die Verständigung war auf so eine weite Distanz alles andere
als einfach. Lara schrie aus Leibeskräften: „Wir sind auf einer langen Reise, wir
wollen hier rasten!“ und Cori versuchte die Kommunikation dadurch zu verbessern
dass sie die Boosfahrer auffordert an Land zu kommen: „Kommt an Land, wir
wollen eine Passage kaufen, in die nördliche See!“
Doch darauf ließen sich die Piraten nicht so einfach
ein. Zuerst mussten die Jägerinnen all ihre Waffen am Strand ablegen. Die
Schwestern tauschten nervöse Blicke aus. Ohne ihre Bögen und Speere waren sie
den Freibeutern schutzlos ausgeliefert. Doch schließlich nickte Cori:
"Wenn die nicht völlig verschlafen sind, sind ist in diesem Augenblick auf
jede von uns schon eine Armbrust gerichtet. Wenn sie uns hätten töten wollen,
hätten sie nicht solange warten müssen."
In diesem Augenblick kamen auch Okami und Moira
zurück, sie waren nicht weit gekommen und an einer natürlichen Felsenbrücke,
die einen Teil der Bucht überspannte, auf zwei Piratinnen getroffen. Ob diese
Frauen tatsächlich an Bord eines Schiffes einen Aufgabe hatten, oder eher an
Land die Funktionenen von Lagerverwalterinnen und Wirtschafterinnen ausübten
vermochte Cori nicht zu sagen, jedenfalls waren sie offenbar als
Unterhändlerinnen mit den Pyrana ausgesucht worden.
Die beiden Frauen, die für Coris Geschmack sehr fremdartig
gekleidet waren, stellten sich als Ariella und Nuya vor. Lara begrüßte die zwei
Piratinnen mit einem höflichen „Tal Ladies“. Einerseits waren die beiden fast
wie die Frauen aus der Stadt gekleidet, allerdings trugen sie ihre langen Haare
offen und auch ihre Gesichter verhüllten sie nicht, so wie Cori es aus den
Städten des Südens gewohnt war.
„Habt Ihr nicht einen ordentlichen Paga, für eine ehemalige
Piratin?“ fragte Okami und versuchte so direkt eine Beziehung zu den beiden
aufzubauen.
„Paga, haben wir nicht, aber Rum.“, gab eine der beiden Frauen
zurück.
Die Andere fiel ein: „Wenn das ein Freundschaftsbesuch ist,
dann lasst all eure Waffen hier und folgt uns.“
Abermals wurden die Pyrana einer kritischen Musterung
unterzogen und unter einigen Unmutsäußerungen legten auch die letzten Jägerinnen
ihre Waffen in eine der Kisten. Als dieser heikle Punkt abgehakt war führten
Ariella und Nayu die Pyrana zunächst über die Felsenbrücke und von dort auf
einen flach auf dem Wasser Schwimmenden Pontonsteg, der Teils mit Pfählen ruhte
die in den Grund der flachen Lagune getrieben worden waren, oder auf leeren
Fässern schwamm.
Schließlich erreichte die Gruppe einen breiteren Steg, der
deutlich besser befestigt war. Cori war insgeheim sehr erleichtert, hatte sie
sich als gebürtige Treverin, doch nie so richtig mit dem nassen Element
anfreunden können. Boote, Schiffe oder wackelige Brücken waren ihr ein Greul.
Hier wurden die Pyrana aufgefordert sich außerdem von ihren
Rucksäcken und dem sonstigen Gepäck zu trennen. Die Furcht der Piraten vor
einem hinterhältigen Angriff war offenbar so groß, dass Cori nicht sicher war
ob es eine gute Idee war ausgerechnet diese Piraten um Hilfe zu fragen. Wenn
sie sich bei einer Handvoll Talunas schon so besorgt gaben, was sollte erst
werden wenn sie auf hoher See einem Fisch begegneten?
Moira erklärte sich bereit bei dem Gepäck zu warten um
sicher zu gehen dass es nicht in den Fundus der Piraten überführt wurde. Zwar
gab Nuya der Pyrana ihr Wort, dass nichts weg kommen würde, aber Okami riet zur
Vorsicht und ihr glaubten die Pyrana deutlich mehr, als den beiden Frauen vor
sich. Die anderen Jägerinnen wurden in eine einstmals provisorische Taverne
geführt die mit der Zeit zu einer festen Installation in dem Stützpunkt
geworden zu sein schien.
Hier wurden sie gebeten an einem kleinen Runden Tisch Platz
zu nehmen. Zögerlich kamen die Pyrana der Aufforderung nach, nur Okami fühlte
sich als wäre sie seit langem wieder zu Hause, ging rasch hinter die Theke und angelte
sich eine Flasche dieses „Rum“-Getränkes. Zu Coris großer Überraschung schien
niemand Anstalten zu machen sie auf zu halten. Bald waren alle Anwesenden mit
geistigen oder gewöhnlichen Getränken versorgt. Cori staunte nicht schlecht
darüber wie frei sich Frauen hier in der Taverne bewegen durften ohne direkt
von einem der Männer auf ein Lager gezerrt zu werden. Frauen in einer Taverne,
etwas dass in weiten Teilen Gors undenkbar war, schieb hier alltäglich zu sein.
„Nun, was führt Euch in diese Gegend?“ fragte die Frau die
man Nuya nannte.
Cori betrachtete die beiden Piratinnen eingehend und war froh
das Okami antwortete und so die Aufmerksamkeit auf sich zog: „Unsere En will
Euch anheuernd damit ihr uns wohin fahrt.“
„Wohin genau?“ hakte Nayu nach.
„Genau, bedeutet das, wir brauchen Euer Schiff für eine
Passage nach Norden. Mindestens bis zum Voskdelta oder zur Mündung des Laurius.“
Nayu und Ariella tauschten kurz Blicke aus, dann sagte Nayu:
„Das wird aber nicht billig, könnt ihr Euch das denn leisten?“
Nun gingen die Verhandlungen los. Es war schwieriger als auf
dem En’Kara-Markt. Zunächst wollten die Piraten Gold haben, was Cori mit einem
Lachen abtat und sagte sie würde sich andere Piraten suchen. Dann zückte Loo
einen Rubin und spielte damit herum. Edelsteine waren ebenfalls interessant für
die Seeräuber und so kam man einem Handel langsam näher während die Vorräte an
alkoholischen Getränken langsam immer weiter reduziert wurden.
Schließlich einigte man sich auf einen Rubin und einen
Smaragd, sowie einen Gefallen den die Pyrana den Piraten von nun an schuldeten.
Im Anschluss besichtigten die Jägerinnen das Schiff welches die Piraten für
diese Fahrt ausgewählt hatten. Das Schiff trug den stolzen Namen „Insanity“. Es
war eine schlanke Galeere mit einem dunkel bemalten Rumpf, die einst sicher der
Stolz einer jeden Flotte gewesen wäre, inzwischen aber doch in die Jahre
gekommen war und vor allem hatten die Piraten ein unendliches Geschick darin
entwickelt nur die Teile des Schiffes zu warten und in Stand zu halten, die für
die Seetüchtigkeit und den Kampf unerlässlich waren. Die nächsten Wochen würden
äußerst unkomfortabel werden. Allerdings war die Alternative, die ganze Strecke
zu Laufen, auch nicht besser.
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