Dienstag, 31. Juli 2012

Digitale Demenz im Sommerloch

Immer wieder stelle ich ja besonders spektakuläre Artikel aus der medizinischen Fachlieratur vor von denen ich glaube, dass sie auch für uns „Gamer“ interessant sein könnten.
Heute früh in den letzten Stunden meines Nachtdienstes las ich einen Artikel in der Ausgabe 7-8/2012 der Nervenheilkunde. Über die digitale Demenz. Selbst Fachkollegen stutzen bei dem Wort meistens und fragen irritiert „was soll dass denn sein?“. Glaubt man aber den Worten des Autors, Prof. Dr. Dr. Spitzer, so handelt es sich möglicherweise um die neue Volkskrankheit schlecht hin mit katastrophalen Ausmaßen.

Demenz, so erklärt Spitzer am Anfang des Artikels beschreibt Syndrome die mit der Abnahme geistiger Fähigkeiten einher gehen ( lat. De = herab; mens = Geist). Der Autor wagt die These, dass die Gesellschaften aller Industrienationen, durch die Nutzung moderner Medien unaufhaltsam sprichwörtlich verblöden und belegt diese These auch hinreichend mit Studienergebnissen.
Zum Thema passender Internetfund
Heute gilt das Konzept der Neuropastizität, also dass das Gehirn sich entsprechend der bestehenden Anforderungen unaufhörlich aus- und umbaut und sich so stetig anzupassen versucht, als gesichert. Je mehr wir unserem Gehirn abverlangen um so mehr Nervenzellen vernetzen sich immer intensiver und feiner. Werden bestehende Verbindungen aber nicht mehr genutzt, werden sie wieder abgebaut. Genau wie mit einem Muskel. Wer ins Fitness-Studio geht und Hantel verbiegt bekommt einen großen Bizeps, wer nur auf dem Sofa liegt und GNTM guckt bei dem nimmt der Bizeps ab und der Bauchumfang zu.

Durch die Vielzahl an elektronischen Medien und ihre immer währende Verfügbarkeit stellen wir immer weniger Anforderungen an unser Gehirn. Früher fand man seinen Weg mit einer Landkarte und las die Daten aus der Landkarte mit seinem eigenen Lesegerät (dem Gehirn) aus und setzte sie mit dem eigenen Rechenmodul (dem Gehirn) zu einer geplanten Reiseroute zusammen und wusste anhand der Markierungen auf der Karte auch wie weit man würde fahren müssen und konnte daran auch abschätzen wann man ungefähr ankommt. Heute hat man ein Navigationssystem im Auto, das sagt einem nicht nur drei verschieden Routen an, sondern berechnet minutengenau die Ankunftszeit und warnt uns von Verkehrskontrollen, Staus und Baustellen. Wir selber müssen nur noch fahren. Tempoeinstellungen werden vielfach vom Tempomat geregelt, früher mussten wir ständig immer wieder zwischen Tacho und Straße hin und her gucken und vor allem immer auswendig wissen wann wir zu letzt an welchem Geschwindigkeitsbegrenzungsschild vorbei gefahren sind. Anstelle eines Gespräches lassen wir uns auf der langweiligen Fahrt von einem Hörbuch berieseln wo wir uns früher eine Stunde mit einem guten Schmöker ins Bett gelegt hätten und mit unserem eigenen Speicherlesegerät (dem Gehirn) die Geschichte aus diesem Speicher (dem Buch) ausgelesen hätten.

Von diesen und ähnlichen Beispielen gibt es hunderte. Wir müssen uns nichts mehr merken weil wir alles als digitalisierte Memos haben. Wir müssen kein Alphabet mehr beherrschen weil wir alles bei Wikipedia eingeben, wir brauchen keine Rechtschreibung mehr weil das die Korrekturfunktion von Jahr zu Jahr besser schafft. Man muss ich fast nicht mehr konzentrieren. Bald werden auch die Onlineübersetzer so gut sein dass wir keien Fremdsprachen mehr lernen müssen.
Wie alles am Körper verkümmert auch das Gehirn wenn man es nicht benutzt. Die Folgen dieser Technisierungswelle sind Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwächen und ein niedriges Problembewältigungsvermögen.
Aber auch die soziale Kompetenz leider enorm unter dem multimedialen Zeitalter.


Laut einer Studie, so zitiert der Artikel, sind junge Amerikanerinnen zwischen acht und zwölf Jahren etwa sieben Stunden täglich online, befassen sich aber nur zwei Stunden täglich mit realen sozialen Kontakten. Aber nur 10% sollen angegeben haben dass ihre online Freunde ihnen positive Gefühle vermitteln. Die Hälfte der Befragten soll sogar negative Gefühle wie Unlust, Selbstzweifel, Langeweile, Einsamkeitserleben, Streit  und ähnliche Erlebnisse mit den online Freunden verbinden.
Das bedeutet, dass digitale soziale Netzwerke keineswegs eine Quelle lebenslanger glücklicher Freundschaften sind sondern uns in Wirklichkeit einsam und krank machen.  


Auf der anderen Seite wissen wir heute auch, so folgert der Autor, dass Menschen die ihr Leben lang geistig gefordert wurden deutlich "kränker" sein können, ohne dass man Symptome verspührt. 

Laut einer Studie, so zitiert der Artikel, sind junge Amerikanerinnen zwischen acht und zwölf Jahren etwa sieben Stunden täglich online, befassen sich aber nur zwei Stunden täglich mit realen sozialen Kontakten. Aber nur 10% sollen angegeben haben dass ihre online Freunde ihnen positive Gefühle vermitteln. Die Hälfte der Befragten soll sogar negative Gefühle wie Unlust, Selbstzweifel, Langeweile, Einsamkeitserleben, Streit  und ähnliche Erlebnisse mit den online Freunden verbinden.
Das bedeutet, dass digitale soziale Netzwerke keineswegs eine Quelle lebenslanger glücklicher Freundschaften sind sondern uns in Wirklichkeit einsam und krank machen.

Auf der anderen Seite wisswen wir heute auch, so folgert der Autor, dass Menschen die ihr Leben lang geistig gefordert wurden deutlich "kränker" sein können, ohne dass man Symptome verspührt. So weisen Erhebungen aus einer Studie darauf hin das Menschen die zweisprachig aufgewachsen sind und diese Sprache immer wieder nutzen mussten erst mehr als 5 Jahre nach der Kontrollgruppe die Symptome einer Alzheimerdemenz zeigten.

Eine düstere Prognose zeichnet Spitzer für die Entwicklung der digitalen Demenz. Laut einen Bericht der Bundessuchtbeauftragten Dyckmans sind rund 250 000 14 bis 24 jährigen Deutschen computerspiel- bzw medienabhängig. Sie verbringen bis zu 18 Stunden täglich vor dem PC und tragen nichts mehr zur Produktivität und dem sozialen Netzwerk unserer Gesellschaft bei. Weitere 1,4 Millionen Menschen stehen durch einen gefährlichen Internetkonsum an der Schwelle zur Sucht.

Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Noch immer wird der Computer in deutschen Schulen als Schlüssel zu sozialer Kompetenz gesehen. Informatik-Stunden sind an den allermeisten Schulen fester Bestandteil der Lehrpläne geworden. In einigen Ländern übernehmen Computer inzwischen das spielen mit Kinder, oder die Betreuung alter Menschen (z.B. Japan) und die Industrie ist nicht dumm.

Immer mehr Kinder werden ganz gezielt angefixt. Die Electronic-Sports-WM dotiert einzelne Disziplinen wie zum Beispiel Counterstrike mit einem Preisgeld von 400.000 US-Dollar (Quelle: Focus). Es gibt Mannschaften, Trainingszeiten, Sponsoren. Fürher ging man mit einer zerdrückten Cola-Dose Fussballspielen oder tauschte stundenlang Sticker heute geht man mit der Maus auf Headshot-Jagd.

Spitzer greift auch heraus dass der Kulturstaatsminister Bernd Neumann kürzlich die Preisverleihung von 50.000 Euro an die Hersteller von „Crysis 2“ einschließlich würdigender Laudatio übernahm und stellt die Frage, was wohl mit einem Gesundheitsminister passiert der besonders gute Zigaretten mit einem Preisgeld von 50000 Euro auszeichnen würde?

Mit anderen Worten: Unsere Jugend und jungen Erwachsenen verblöden zunehmend und die Gesellschaft sieht und spürt es und schaut tatenlos zu. Gerade wir die wir fast unseren Feierabend hier in Secondlife verbringen werden uns fragen müssen ob wir hier in unseren Gruppe und beim gemeinsamen Spiel wirklich das bekommen was wir wollen, ob wir nicht vielleicht schon weit kränker sind als wir es uns eingestehen wollen und wer wenn nicht wir, uns am Ende helfen soll?

Es ist daher zumindest ein Hoffnungsschimmer, dass es noch immer ein Sommerloch gibt wo sich viele von uns doch eher ihrem RL widmen wo sie ihren Kopf wieder benutzen müssen!

In diesem Sinne, geht raus und bleibt gesund!

Eure
Cori 

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