Was konnten wir tun. Loo und Moira waren in Turmus gefangen
und wir hatten den Lageplan und die Notiz des Mercurius von der ich, wenn ich
ehrlich war, nun lieber nicht so viel gewusst hätte. Ruhm und Macht waren ja
ganz schön, aber nicht wenn man dafür Gefahr lief von einem blauen Feuerblitz
verschlungen zu werden. Wenn man für diese Macht gegen die Priesterkönige
aufbegehren musste, dann genügte den Pyrana vielleicht die macht die sie von
alleine hatten?
Aber wir konnten die Karte und die Schriften gegen Loo und
Moira tauschen. Vielleicht würde Amira die beiden ja laufen lassen wenn wir
signalisierten dass wir um die Gefahr wussten, in die wir Turmus stürzen
konnten und alle Beweise aushändigten. Also machten wir uns zu Fuß auf den
Rückweg nach Turmus. Welches wir nach wenigen Tagen erreichten.
Die Aufregung schien sich inzwischen gelegt zu haben.
Scheinbar hatte man die Stadt durchsucht und ging davon aus dass alle Pyrana,
also alle „Schiffbrüchigen“ die Stadt inzwischen verlassen hatten oder in einer
Kennelzelle saßen.
She war als Musikerin verkleidet und ich trug weiter das
zerschlissene blaue Kleid eines Urt-Mädchens hatte aber meinen Bogen und
meinen Speer aus der Rancehütte geholt und trug beide Waffen offensichtlich auf
meinem Rücken. Es gefiel mir gar nicht dass wir in die Stadt zurück kehrten in
der wir nur wenige Tage zuvor mit Mühe einer Verhaftung entgangen waren. Meine
Waffen gaben mir wenigstens die Illusion dass ich mir im Zweifelsfall die
Flucht würde erkämpfen können. Doch wenn ich ehrlich bin, dann glaube ich
wollte ich nur, dass man mich nicht lebendig in die Finger bekam.
She und ich bewegten uns auf Seitenstraßen bis zum Palast. Dann
bezog ich Stellung in einem Gebüsch von wo aus ich das Haupttor des Palastes
gut sehen konnte und She ging mit unseren Beutestücken vor um sie Amira
anzubieten.
She am Tor des Palastes |
Zu gerne hätte ich gesehen wenn Amira nach draußen gekommen
wäre, aber statt dessen ging She hinein! Ich hätte in meinem Gebüsch toben
können. Wie sollte ich ihr jetzt mit meinem Bogen helfen, wenn Amira entschied
sie einfach einzukassieren. Ich würde es nicht mal mit bekommen und hier draußen
neben dem Busch einfach Wurzeln schlagen!
Schließlich entdeckte mich ein Krieger und sprach mich mit
einem einfachen „Tal“ an. Sein Rüstzeug war nicht in den Farben von Turmus
gehalten darum schien er von außerhalb zu sein. Ich antwortete mit einem
abwartenden „Tal, Krieger“ und ignorierte einfach völlig dass ich da mit meinem
Bogen in der Hand und meinem Speer auf dem Rücken unweit des Regierungssitzes
von Turmus halb verborgen in einem Gebüsch hockte. War das der Augenblick wo
ich würde kämpfen müssen? Würde ich diesen Mann besiegen können?
Mit einem verächtlichen Kopfschütteln wandte der Mann sich
ab und ging weiter. Ich kann bis heute nicht sagen was ihn dazu bewogen hat.
Vielleicht gefiel ihm der Gedanke einfach, dass es einen Mordanschlag
auf die Administration von Turmus geben könnte. Oder er hielt mich einfach für eine Verrrückte.
Nach einiger Zeit kam She wieder heraus und so schnell es
ging verließen wir die Stadt. In den Sümpfen und Wäldern angekommen berichtete
She was sie heraus gefunden hatte: Die
Prätorin Amira hatte Loo und Moira an Krieger aus Jort’s Fähre übergeben. Man
hatte hier wohl kein belastendes Material gegen sie gefunden und nun wollten
die Jorter offensichtlich noch mal genau wissen wie das nun mit ihrem Schiff
gewesen ist. Loo und Moira waren damit dem Befugnisbereich der Prätorin
entzogen.
Dann zog es mir fast meinen Stiefel aus als She mir
offenbarte, dass sie der Prätorin trotzdem alle unsere Artefakte, also die
Landkarte und die Notizen, übergeben hatte für das schwache Versprechen Amiras
sich um die Freilassung der Gefangenen zu bemühen! Wie konnte sie das tun?
Diese Landkarte und die Notiz waren das einzige Druckmittel was wir hatten!
Jetzt stand She vor mir und faselte etwas davon, dass wir
nun außer Gefahr wären. Sie habe allen Verdacht auf sich gelenkt und so seien
die Häscher aus Turmus nun hinter ihr her weswegen sie eine Zeit lang allein
reisen müsse um unterzutauchen und uns, die Pyrana nicht in Gefahr zu bringen.
Ich persönlich hielt das alles für völligen Unsinn, denn
Amira hatte keinen Grund anzunehmen dass nicht alle bei den Pyrana um das
dunkle Geheimnis von Turmus wussten. Jede von uns könnte im Tempel der Wissenden
„Beichte“ ablegen und Turmus damit zum möglichen Vernichtungsziel der
Priesterkönige machen. Natürlich ging man bei soeiner „Beichte“ auch schnell
das Risiko ein selbst von den Priesterkönigen bestraft zu werden und zwar mit
dem Tode durch das blaue Feuer.
Alles was in meinen Augen jetzt zählte war es Loo und Moira
frei zu bekommen. In Jort’s Fähre war man, sofern man dem Ruf glauben konnte,
gar nicht zimperlich mit Gefangenen, schon gar nicht wenn sich vielleicht herausstellte
dass es sich um Talunamädchen handelte.
She war trotz aller Ermahnungen an unsere Grundsätze „Eine
für alle und alle für eine!“ war sie nicht bereit mit mir Heike und Nara nach
Jort’s Fähre zu reisen um Moira und Loo zu befreien sondern war wie besessen
von dem Gedanken sich irgendwie allein und getrennt von uns, zu unserem Schutz
absetzen zu müssen. Wir anderen sollten ruhig nach Jort’s Fähre reisen und Loo
und Moira befreien…uns würde schon was einfalle. Musste es ja jetzt auch, da
She unser einziges Druckmittel um in dieser Angelegenheit überhaupt agieren zu
können, der Prätorin Amira übereignet hatte, für das zusagen die Jorter zu
bitten Loo und Moira frei zu lassen!
Das alles ärgerte mich maßlos. Zumal ich irgendwie das Gefühl
hatte, dass She sich unversehens wieder nach Turmus begeben würde um diesem
Geheimnis weiter nach zu spüren was uns dann, sofern sie Erfolg hatte
tatsächlich in direkte Gefahr bringen würde!
Wütend wünschte ich ihr viel Glück und stapfte davon ohne
auf Heike oder Nara zu warten. Für einen Kampf würden diese beide Bögen mehr
sowieso nicht ausreichen und vielleicht hatten die beiden ja mehr Lust, sich
sinnlos für den Stamm zu opfern, das schien ja derzeit deutlich mehr in Mode zu
sein als gemeinsam an der Befreiung unserer Schwestern zu arbeiten.
Zumindes Nara hörte ich noch rufen: „Cori warte….!“. Sie
würde schon nachkommen, dachte ich mir. Es war sowieso besser wenn wir nicht
als großer Pulk in Jorts Fähre ankamen sondern eher einzeln.
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