Montag, 8. Oktober 2012

Genensätze mit Toleranz und Fingerspitzengefühl überwinden.

Vorgestern bin ich beim stöbern durch die Blogs auf einen Eintrag vom Der Sleen in seinem gleichnamigen Blog gestoßen der auf den schönen Titel „Gor gerührt aber nicht geschüttelt“ hört. Der Autor kritisiert darin mit einem leicht humorigen Anflug, die Art wie sich der Simverbund Südland derzeit präsentiert und um Spieler wirbt.

Er stellt außerdem die These auf, das Gor von der Verschiedenartigkeit der einzelnen Völker und Regionen lebt und dass in Südland, welches sowohl Tahari-Sims (Wüste) als auch Dschungel-Sims unterhält und darüber hinaus auch noch Nordleute zum Spiel willkommen heißt, diese Vielseitigkeit zu einem Einheitsbrei vermischt würde, der nichts mehr mit Gor zu tun habe.

Ich kann nun die Grundannahme bestätigen, dass Gor äußerst vielseitig ist und dass dies einer der Gründe ist warum Gor so spannend ist und deutlich über Counterstrike und BDSM-Phantasien hinaus geht.

Doch wie sähe die Alternative zur aktuellen Realität aus? Sicher, kann man sich ein perfektes Online-Gor vorstellen, ich will das mal beschreiben. Wir haben da einige Nord-Sims, einige Städesims in Zentralgor, dazwischen noch ein oder zwei Wald-Sims für die Panthermädchen und im Süden dann ausgedehnte Taharisims und etwas Schendidschungel. Dazuwischen massenhaft Lowprim-Sims um die Entfernungen zwischen den Dörfern, Städten und Oasen auch etwas besser darstellen zu können und auch mal Reisen ausspielen zu können mit Nachtlagern und so weiter. Natürlich müsste jeder Spieler auf allen Sims zur Landgruppe gehören damit man dort wo man übernachten will auch mal ein Zelt oder ein Feuer aufbauen kann.
Außerdem müsste es natürlich auf jeder Sim ausreichend Bewohner geben. In jeder Stadt gäbe es dann eine Taverne mit Wirt und Sklavinnen, eine Haus der Kriegerkaste, einen Palast für den Ubar, eine Töpferwerkstadt, eine Schmiede, ein oder zwei Sklavenhäuser, eine Bäckerei, eine Wettkampfarena, einen Tarnzüchter, einen Tempel der Wissenden und und und...

Nur wie will man das bei 300 (und das ist positiv geschätzt) aktiven Gorspielern hin bekommen? Wer soll das finanzieren? Natürlich die Spieler mit ihren Spenden für ihre Sim, bzw ihre Gruppe, je mehr Spieler in einer Gruppe sind umso mehr Spenden kommen herein. Wenn ich aber jeden Spieler der gerne Stiefel tragen möchte, aus meiner Gruppe werfe weil die Bücher (gemeint sind DIE Bücher) in unserer Spielregion Sandalen oder Barfuß vorschreiben, dann werde ich bald alleine da stehen.

Ein Beispiel, dazu: In eben diesen Büchern wird beschrieben dass die meisten Panthermädchen blonde Haare, helle Haut und blaue Augen hätten. Schaut man nun nach SL-Gor so imponiert eine Fülle an Panthermädchen und Taluna die eher, dunkelhäutig, schwarzhaarig sind. Bei einer kann man ja ne Ausnahme machen, aber hier betrifft es meist den ganzen Stamm. Müssen sich die Arquana, Pyrana, Seraka, Arder und Black Panther nun auflösen oder alle ihre Avatare neu ausstatten?

Im „Gesetzlosen von Gor“ beschreibt Tarl, dass es auf Gor üblich ist dass die Krieger die Farben ihrer Stadt auf ihrem Schild tragen und man daher auch einen Gesetzlosen und heimsteinlosen Krieger unter anderem daran erkennt dass er solche Farben eben nicht trägt. Sind dann jetzt alle Krieger die ich auf Gor sehe, wegen Versündigung gegen das Ansehen der roten Kaste zum Abschuss frei gegeben?
Ein weiteres beliebtes BTBer Argument ist: Die Entfernungen wären viel zu groß als dass sich Nordländer und Südländer jemals begegnen würden. Das mag stimmen. Aber sein wir mal ehrlich die meisten Lowprimsims werden von einem oder zwei Machern betrieben die eine variierenden Anzahl von Mitspielern um sich scharen die mal mehr mal weniger aktiv sind. Wenn also Simowner-Herr und Simadmin-Kajira nicht an Einsamkeit eines unbemerkten Todes sterben wollen, müssen sie reisen.

Im Norden wo sich der Großteil der deutschen Gorsims, derzeit ansiedelt mag das noch funktionieren, da gibt’s wenigstens ausreichend Orte die man bereisen kann. Aber im Süden sieht’s da schon eher mickrig aus. Die beiden Südland-Sims hätten wir da, Semris und das war es auch schon fast.

Das heißt faktisch: Entweder wir verteilen die wenigen Spieler die wir noch haben auf weniger Sims und erhalten mehr Spieler pro Sim oder wir lassen jedem Tierchen sein Pläsierchen und versuchen nicht zu fragen „Wie kommt der Nordmann in die Wüste?“, sondern stellen uns eher die Frage „Wenn in der Wüste plötzlich ein Normann vor Dir steht, was machst Du dann mit ihm?“.

Die alles entscheiden Frage ist aber: Wie breit kann man die Grenzen setzen, wie weit kann man die Buchvorlagen dehnen bis von der Vorlage nichts mehr übrig ist? Angeblich dürfen Frauen im Süden nur mit einer Eskorte reisen und nur in Begleitung eines männlichen Familienmitgliedes auf die Straße gehen. Nun haben wir aber nicht so viele Männer in den SL-Gor-Städten, also muss es eben mal ohne Eskorte gehen.

Tarne werden laut Buch nur von wenigen ausgewählten Männern geritten und nur der Tarn entscheidet von welchem Mann er sich reiten lässt. Auch dieses interessiert in SL Gor kaum jemanden. Wieso sollte eine Frau mit einem Tarnstab nicht auch einen Tarn reiten können?

Frauen können keine Schwerter führen, irgendwer kam auf die Idee dass sie einen Scimitar, der ja einen viel leichtere Waffe als ein Schwert ist doch führen kann. Also rennen zig Piratinnen, Outlawschicksen und Pantherheldinnen mit Scimitars herum.

Rüstungen sind im Süden Gors verpönt. Der Krieger trägt Speer, Schwert und Schild und vielleicht eine Armbrust. Speere sieht man in SL-Gor fast nur bei Panthern. Armbrüste gelegentlich bei einem Piraten.

Panther bauen Camps aus Baumstämmen und Stroh, brauchen sie dazu nicht Äxte? Wenn sie Äxte zum bauen brauchen und benutzen, wieso kämpfen sie dann nur mit Speer, Bogen und Jagdmesser?

Diese Beispiele können wir wohl noch ewig so fort führen. Jedem Simbesitzer bleibt selbst überlassen was er oder sie auf seiner Sim zulassen will und was nicht. Der Traum vom gemeinschaftlichen in Massen bevölkerten Gor ist eine Illusion denn es scheitert ja schon an gemeinsamen, für jede Sim gültigen Grundregeln.

Und die Onlinismen? Nun auch Anglizismen sind Onlineismen im deutschen Sprachraum. Wie alle fragen doch nach dem Slaver der Stadt, niemand macht sich die Mühe nach einem Sklavenhändler oder Sklavenmeister zu fragen. Und der legt auch keine Halsreifen, Stahlkragen oder Sklavengeschirre an sondern Collare.

Gor ist und bleibt eine Sammlung von Quelltexten die jeder für sich auf seine Art interpretiert und solange wie der große John Norman nicht hernieder steigt und ein für alle Mal, alle Gor-Regeln und Verhaltensweise und SL-Regeln nieder schriebt wird es immer wieder Differenzen zischen all diesen Interpretationen von Gor geben.

Aber wenn wir nicht lernen in diesem Punkt tolerant zu sein, werden wir nicht mehr unbegrenzt Mitspieler finden. Um das Niveau insgesamt und auf lange sicht zu heben hilft nur Aufklärungsarbeit und da sind die Gruppenführungen gefragt. Ihrer Führung obliegt es Neulinge in ihren Gruppen entsprechend auszubilden. Wir "Alten" haben es in der Hand unsere Neulinge richtig auszubilden, dss sie es schaffen zwischen persönlichem Anspruch (Spaß haben) und Rollengrenzen (Du kannst aber nicht amchen was Du willst) Maß halten können. 

Eine En oder Se muss ihren Stammesschwestern (auch so eine Onlinismus) vorleben, das Bogen (20-15%), Dolch (20% kurze Reichweite) und Speer (30%) für ein Panthermädchen ausreichen. Das es eben nicht der Glaive mit 35% Schaden mit passendem Schild sein muss.
Ein Kriegerhauptmann muss den neuen Rekruten vorleben dass der Krieger eben Rot trägt und eine Tunika und keine Camouflage-Shorts. Die Freien Frauen ihren Mitbewohnerinnen zeigen, dass man als Frau von Stand zwar einen kleinen Dolch für den Hinterhalt hat aber nicht in Hosen und mit Armbrust herum läuft.

Nur ist bei diesen „Erziehungsversuchen“ äußerst viel Fingerspitzen Gefühl gefragt, denn sonst such sich der oder die ganz schnell eine neue Gruppe. Früher gab’s keine roten Tuniken, da wurden einfach alle Männern Krieger genant obwohl sie eher wie Gothik-Testosteron- Junkies aussahen und es ging auch.

Ich denke wir müssen uns daran gewöhnen, dass es niemals einen Konsens geben wird. Es bleibt also nur die Wahl, es mit den Ansichten und Mitspielern zu versuchen die eben da sind. Sicher wird es oft schief gehen und mache Interpretationen von Gor sind einfach inkompatibel miteinander. Trotzdem birgt jedes zusammentreffen, jeder Kampf, jede Reise eine neue Chance dass dieses Mal ein gutes RP heraus kommt. Es mag selten dem goreanischen Alltag entsprechen (Talunas fangen im Norden Sklaven, alleinreisende Piratenbond vermöbelt Krieger) aber ist ein fragwürdiges RP nicht vielleicht besser als gar kein RP?

Solange sich SL-Gor aus den verschiedenen Interpretationen der einzelnen Spieler zusammensetzt werden immer wieder Dinge abgewandelt, dazu interpoliert, weggedacht und hinzuerfunden werden. Dieser Prozess ist natürlich und der Erfolg wird den Sims das Recht zu oder absprechen. Als Gorgemeinschaft werden wir es uns auf Dauer aber nicht leisten können einzelne Gruppen auszuschließen weil sie nicht nach unseren Vorstellungen spielen. Es kann sich aber auch umgekehrt keine Gruppe auf Dauer leisten die Meinungen und Wünsche der anderen Spieler und Gruppen völlig zu ignorieren und nur ihren Stiefel runter zu machen.

Texte wie den von Sleen halte ich daher für eher kontraproduktiv. Denn die macher Südlands werden dadurch entweder demotiviert, da sie ja viel Leisten und dafür keien Zustimmung ernten, oder sie werden sich sagen: "Jetzt erst recht!" und dann ist den BTB-Freunden auch nicht geholfen. Wäre es da nicht sinnvoller einmal zusammenfassend aufzuschreiben wie man sich als BTBer so eine Oase vorstellen würde, bzw wie sie in den Büchern beschrieben ist und dann auflistet welche Zugeständnisse man bereit ist den technischen Gegebenheiten in und auch den Neigungen der ansässigen Spieler zu SL zu zollen?
Kann man nicht mit einer konstruktiven Kritik, die auch realistischen Ziesetzungen folgt mehr anfangen als mit ningebrummelten "Sowieso-alles-doof"-Phrasen? 

In diesem Sinne
Eure
Cori  

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